Russland – Leningradskaya Oblast

Narva – Gurlievo

17.6.5019, 51 km, Sonne und endlich mal wieder Rückenwind

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Am Morgen stelle ich fest, dass ich von meiner Unterkunft fast direkt in den Grenzübergang falle. Ich versuche zunächst, mich bei den Autos anzustellen, aber offenbar gehören Fahrräder zu den Fußgängern. Also quetsche ich mich durch eine Reihe ziemlich enger Türen, zeige meinen Pass, rolle auf dem Gehweg über die Narva, zeige wieder den Pass. Wohin ich will, fragt die Grenzerin, wie ich aus St. Petersburg nach Hause komme. Dann hält sie mir das Iran-Visum aus dem letzten Jahr unter die Nase und will wissen, was ich da gemacht habe. Die Antwort „Tourismus“ reicht, ich bekomme meinen Pass wieder und ein Lob für mein Russisch, dann bin ich wieder in Russland.

Die Straße wird sofort unangenehmer, es ist deutlich mehr Verkehr als in Estland. Also versuche ich es mit dem Feldweg, auf den mich meine App schickt. Als der Weg über Bahnschienen führt und zum engen Trampelpfad wird, will ich schon aufgeben. Gut, dass ich noch ein paar Schritte weiter schiebe : dahinter tut sich eine offenbar alte Straße auf, der Asphalt ist noch prima und ich bin die nächsten Kilometer fast ganz allein.

Ich bin nun schon mittags am nächsten Ziel – einen winzigen Dorf an der Strecke. Es ist die einzige Unterkunft weit und breit, ein Motel mit ein paar Zimmern und einen bunt bemalten Billiardraum an einer Tankstelle im Nirgendwo. Man könnte sagen: Endlich mal ein ruhiger Nachmittag.

Gurlevo – Peterhof

18.6.2019, 100 km, Sonne, Rückenwind

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Es Frühstück gibt es in meinem Tankstellenmotel genau das, was die Wirtin am Vorabend angekündigt hat: drei Spiegeleier und Würstchen. Zwei halbe Scheibchen  Graubrot und einen Klecks Ketchup dazu. Den Kaffee bringe ich mir selbst mit. Überraschenderweise gelingt es mir, alles aufzuessen.

Es rollt heute erst einmal ziemlich gut. Die Straße ist klein, nur ganz selten mal kommt ein Auto, der Wind kommt so ungefähr von hinten und nach diesem Frühstück bekomme ich nicht so schnell wieder Hunger.

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Am ersten Supermarkt treffe ich ein Tschechisches Paar auf ihren Rädern, die in entgegengesetzter Richtung unterwegs sind, aber eine ähnliche Strecke vorhaben wie ich sie gefahren bin. Endlich! Radfahrer, die ich bisher getroffen habe, haben mich oft damit verwirrt, dass sie sich mehrere Monate Zeit genommen haben für eine Strecke, die kürzer war als meine.

Nachdem ich die ganze Zeit gut vorangekommen bin, kommt es am Nachmittag doch noch ziemlich dicke: ich folge einem Streckenvorschlag von Osmand. Sollte man sich gut überlegen. Es handelt sich erst einmal um eine mit Schlaglöchern durchsetzte Asphaltstraße. OK. Dann Feldweg. Dann eine kaum erkennbare Spur im Gras. Geht auch noch. Aber dann kommt der tiefe Matsch durch ein Feuchtgebiet. Ich brauche alle Kraft, die ich habe, um das Rad durch den Schlamm zu zerren. Gelegentlich schaffe ich es nur ganz knapp, nicht hineinzufallen. Und natürlich versuchen auf dem Weg tausende Mücken und Bremsen, mich aufzuessen. Feuchtgebiet eben. Ich glaube, ich habe schon in der Schule gelernt, dass Sankt Petersburg in den Sumpf gebaut wurde.

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Als ich wieder auf eine einem richtigen Weg bin, muss ich erst einmal mit Stöcken den Schlamm zwischen Reifen und Schutzblech herauskrümeln. Und das Schutzblech wieder befestigen. Und feststellen, dass irgendwo eine Wasserflasche verloren gegangen ist, ohne dass ich es auch nur gemerkt habe.

Am Nachmittag erreiche ich dann mein vermutlich letztes Fahrradziel: Peterhof, ebenfalls von Peter dem Großen erbaut, heute fast mit St. Petersburg zusammengewachsen.

Sonne, gutes Essen mit Blick auf den Palast, Bier – was will man mehr?

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Peterhof und St. Petersburg

19.6.-21.6.2019

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Jemand sagte mir unterwegs, dass es nach Sankt Petersburg einen Radweg gibt. Ich beschließe, ihn nicht zu testen. Dass der Weg in die Millionenstadt schön ist, kann ich mir kaum vorstellen, ich bin genug gefahren, es gibt einen Bahnverbindung jede halbe Stunde un ein bisschen ausruhen kann man sich im Urlaub ja dann auch…. genug Gründe also, hier das Radfahren einzustellen.

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Ich bleibe zwei Nächte in einer Pension, spaziere gleich abends zum Schloss – hübscher See, vernünftiges Restaurant. Am Morgen dann ziehe ich los zur Schlossbesichtigung und erleide sofort einen Kulturschock. Als ich gegen 9 ankomme, fallen auch gerade Touristenhorden ein, um diese Zeit vor allem riesige chinesische Reisegruppen, alle mit Reiseleiter und Knopf im Ohr. Ab und zu eine europäische Reisegruppe, Reiseleiter, Knopf im Ohr. Ich bekomme zunächst nicht einmal heraus, wo ich eine Eintrittskarte für das Schloss kaufen kann, wenn ich frage, werde ich jeweils in irgendeine Richtung geschickt, in der ich dann aber keine Tickets finde (Lösung: Führungen für individuelle Touristen gibt es nur zu bestimmten Zeiten, und wenn ich es richtig sehe, werden die Karten dafür ebenfalls nur zu bestimmten Zeiten verkauft). Obwohl ich glaube, in den letzten Wochen genug Bäume und Blumen gesehen zu haben, kaufe ich letztlich die Eintrittskarte für den Park (teuer!) und für eines der zahlreichen Museen im Schloss. Natürlich ist der Park schön, die Springbrunnenanlagen sind beeindruckend, insbesondere, dass sie wohl nach wie vor per Schwerkraft funktionieren und von höhergelegenen Wasserreservoirs versorgt werden. Und der Park ist glücklicherweise auch groß genug, dass es immer auch ruhige Ecken gibt.

Der noch größere Kulturschock wartet einen Tag später in Sankt Petersburg. Ungewöhnlich hier, aber es ist heiß. Ich schlängle mich mit dem Rad vom Bahnhof aus zunächst zur Eremitage – und gehe sofort wieder, als ich die Schlange davor sehe. Gut, dann Isaakskathedrale. Da war ich vor ungefähr 30 Jahren schon einmal, damals hing in dem großen Hauptraum ein Foucaultsches Pendel, heute ist es wohl offiziell wieder eine Kirche und solche Sakrilege wie dieses Pendel gibt es nicht mehr. Dafür kostet sie relativ teuren Eintritt und es drängen sich Unmengen Besucher in der Kirche. Ich glaube, dass sich sonst nicht sehr viel geändert hat – auch in der Sowjetzeit wurde die Kathedrale in gutem Zustand gehalten.

 

In Sankt-Petersburg übernachte ich zum ersten Mal privat, bei Anna und Sergej, die ich über Warmshowers gefunden habe. Sie sind gerade selbst in der Wohnung von Annas Eltern, zum Katzensitten, nehmen mich aber sofort für zwei Tage mit in der Elternwohnung auf. Und zeigen mir am Abend noch einmal die Stadt. Und siehe da: alles ist gleich viel besser, es ist weniger heiß, es treten uns weniger Touristengruppen auf die Füße und die beiden führen mich durch die Innenstadt, erklären mir vieles (welcher Zar wo ermordet wurde und welche Kirche ihm zu Ehren danach errichtet wurde). Es gibt Sonnenuntergang über der Newa mit Klappbrücke im Vordergrund und Proben für ein großes Festival.

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Auch in die Eremitage schaffe ich es an einem der Tage noch, lasse mich durch die imposanten Räume treiben, gern entgegen der Touristengruppen und habe am Ende Schwierigkeiten, den Ausgang zu finden.

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Und dann: Fahrrad verpacken, Taxi bestellen, ein letzter Abend mit Anna und Sergej. Der Flug nach Berlin klappt reibungslos, das Fahrrad kommt heil an. Die S-Bahn fährt aus irgend einem Grund nicht, der Zug selten, als er kommt, wird er brechend voll. Berlin hat mich wieder.

 

Estland

Strenci – Tartu

13.6.2019

134 km

Neues Land, neues Glück. In Valka/Valga rolle ich fast ohne es zu merken über die Grenze nach Estland. Die zieht sich quer durch die kleine Stadt. Ob ich mein zweites Frühstück, Kaffee und Hamburger, im einen oder im anderen Land einnehme, weiß ich schon ein paar Minuten später nicht mehr.

Estland fühlt sich nun wirklich wie Skandinavien an : alles hübsch saniert, Holzhäuser und – tataa – wunderbare Radwege und Radwegweiser. Leider gehört zu den ersten Dingen, die ich tue, solche Wegweiser zu verwechseln und damit auf dem falschen Weg zu landen. Das trägt mir einerseits einige nette Kilometer auf einem nicht asphaltiertem, aber gut zu befahrendem Weg durch Wälder und zwischen Feldern ein, andererseits danach ein langes Stück Hauptstraße: da der Weg, den ich mir vorgenommen habe, ziemlich weit ist, kann ich mir nach dem ersten Umweg keine weiteren mehr leisten.

Insgesamt werden die Strecken zwischen Ortschaften noch einmal deutlich länger. Zwischen zwei Dörfern können gut mal 30km liegen, dazwischen gibt es höchstens mal einzelne Häuser. Und zumindest gefühlt wird weniger russisch gesprochen als in Lettland – dafür oft hervorragendes englisch.

Tartu – Kallaste

14.6.2019

54 km

Ich schlafe in meiner sehr netten Pension erst einmal aus, werfe einen Blick auf das beeindruckende ehemalige Universitätsgebäude von Tartu, auf das Rathaus mit der Skulptur von zwei sich küssenden Studenten unter einem Schirm, auf den Park, das Rathaus, die Fußgängerzonen. Ein Stück Torte als zweites Frühstück ist auch eine gute Idee.

Da ich keine sehr weite Strecke vorhabe, versuche ich es heute verstärkt mit den Nebenstrecken, also den nicht asphaltierten Straßen durch den Wald. Sie sind lang, einsam und und gelegentlich als Radweg ausgeschildert.

Zum Mittagessen finde ich auf der Karte ein Messer – und – Gabel – Symbol und erwarte eine Dorfgaststätte oder eine der Selbstbedienungsrestaurants, die es in Estland häufiger gibt. Weit gefehlt: ich diniere heute im Schloss Alatskivi aus dem 19.Jahrhundert. Schickes Restaurant, relativ teuer, in einem Raum ist schon für irgend eine Feier gedeckt, aber am frühen Nachmittag bin ich der einzige Gast, werde von zwei Leuten umsorgt und gebe mir Mühe, in meinen kurzen Hosen und dem karierten Hemd nicht allzu abgerissen auszusehen.

Am Nachmittag komme ich am Lake Peipus an, einem riesigen See, den sich Estland mit Russland teilt. Das andere Ufer ist von Campingplatz an See tatsächlich nicht zu sehen. Eigentlich würde der See ja zum Baden einladen… Aber es ist nicht besonders warm und ja auch immer ein bisschen blöd, dass ich niemanden dabei habe, der auf meine Sachen aufpassen könnte. Ich lasse es sein und spaziere stattdessen in den nächsten Ort.

Kallaste – Johvi

15.6.2019

113 km, teilweise mit deutlichem Gegenwind

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Meine Güte, die Strecke ist schon wieder ganz schön anstrengend, vor allem, weil der Wind ziemlich stark ist. Zum Ende hin kommt er direkt von vorn, tagsüber eher von der Seite – beides nicht ganz optimal. Am Vormittag bekomme ich noch ziemlich viel vom Lake Peipus zu sehen. Am Straßenrand steht fast ein Fischverkäufer neben dem nächsten, alle verkaufen sie geräucherten Fisch. Im Prinzip zum Mitnehmen geeignet, für mich aber definitiv zu groß.

Die Mittagsgaststätte der Wahl ist heute kein Schloss, sondern die Kantine eines Campingplatzes am See, es gibt Kartoffelsuppe und Kwass. Dann weiter. Die Kilometer ziehen sich ganz schön.

Ich habe mir heute eine Ferienwohnung in Johvi gebucht, eine gute Wahl. Sie stellt sich als perfekt sanierte Wohnung heraus, die in eine ziemlich heruntergekommenen sowjetischen Wohnblock liegt – ein ziemlich erheblicher Kontrast zwischen vor und hinter der Wohnungstür.

Johvi – Narva

16.6.2019, 70 km, Sonne

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Ich versuche mich mal wieder an den kleinen Nebenstrecken. Und, was soll ich sagen, Wald, Felder, Wald, höchstens ganz sanfte Steigungen, dann plötzlich jede Menge Pferde. Einmal wieder stelle ich fest, dass die Stechfliegen hier noch nichts vom Insektensterben gehört haben, dauernd umschwirrt mich mindestens eine. Als ich versuche, einer davonfahren, gelingt es erst bei Tempo 30.

Am späten Nachmittag bin ich endlich in Narva. Wieder eine Ferienwohnung in einem Sowjet-Wohnblock, wieder innen sehr hübsch saniert und dieses Mal mit Blick auf die Burg an der Narva. Von innen kann ich sie leider nicht mehr ansehen, ich bin zu spät. Aber ein Spaziergang drum herum ist auch ganz nett. Es stehen sich hier zwei Burgen gegenüber, auf jeder Seite der Narva eine, beide aus dem 13. Jahrhundert. Auf der einen weht die estnische Flagge, auf der anderen die russische.

 

 

Lettland

Sventoji – Aizpute

9.6.2019, 119 km, 20 Grad und oft Rückenwind

Kaum ist man in Litauen drin, ist man sich schon wieder draußen. Bei mir ist es heute morgen so weit. Dabei habe ich mir noch kaum gemerkt, was „Danke“ auf litauisch heißt, geschweige irgend ein anderes Wort.

Mit Litauen ist auch der wunderbare Radweg zu Ende. Die Route ist in Lettland nur in kleinen Teilen ausgeschildert und führt außerdem endlos über Hauptverkehrsstraßen. Kurz nach der Grenze kein Problem, es ist kaum Verkehr. Aber mit der Zeit wird es mehr.

Die Landschaft ist so, wie ich sie von meiner letzten Reise nach Lettland vor 28 Jahren in Erinnerung hatte : ganz sanfte Hügel, Wälder, Felder, Störche und der eine oder andere Kranich. Hübsch und unspektakulär und sehr dünn besiedelt. Die Abstände zwischen Ortschaft sind ziemlich groß.

Schön ist Liepaja, die einzige echte Stadt auf dem Weg: großer Strand mit Bars und sonstigen Attraktionen, viele Holzhäuser, riesige Parks, eine Kathedrale.

Und schön ist auch der Ort, in dem ich um die 50 km weiter übernachte, Aizpute. Allerdings ziemlich klein, Sonntag abends gibt es kein geöffnetes Café und nur wenige Menschen auf der Straße. Dabei ist es der erste Ort seit Liepaja, der den Namen verdient.

Aizpute – Kandava

10.6.2019, 106 km

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Die lettische Landschaft ist ja ganz schön, aber wirklich nicht fotogen: man bekommt diese Felder und Wälder wirklich nicht sinnvoll auf ein Bild. Ebenso erfolglos versuche ich mich an den Störchen, die oft direkt neben der Straße über frisch gemähte Wiesen stolzieren. Aber während sich die Vögel an Autos, die direkt neben ihnen vorbeifahren überhaupt nicht stören, finden sie eine einzelne Fahrradfahrerin definitiv gefährlich.

Auch heute liegt auf dem Weg eine sehr hübsche Stadt, Kuldiga, mit vielen alten Holzhäusern, Resten eines Schlosses und dem breitesten Wasserfall Lettlands. Das ist ein bisschen lustig: dieser Wasserfall ist zwar tatsächlich breit, aber nicht mehr als vielleicht eineinhalb Meter hoch. Die Landschaft gibt einfach keine Wasserfälle her.

Und dann liegt auf meinem Weg noch Sabile, die kleine Stadt mit dem, was Lonely Planet die Antwort auf die chinesische Terrakottaarmee nennt: ein Garten voller Strohpuppen, die alle möglichen alltäglichen Dinge tun.

Kandava – Riga

11.6.2019, 30 km, dann etwa 60 mit der Bahn

Der Tag beginnt mit Platzregen, zum Glück bin ich da noch in meiner Unterkunft. Danach kommt Gegenwind, Hitze, Schwüle. In eine große Stadt reinzufahren macht ja ohnehin keinen Spaß. Mir reicht das Stück Hauptstraße zu Anfang des Tages vollkommen. Also : ich schummle und steige in Tukums in die Bahn. Die ist billig, Fahrradmitnahme ist kein Problem, nur die supersteilen Treppen in den Zug sind mit Fahrrad nicht ganz einfach zu überwinden. Zum Ausstieg in Riga – hier ist der Bahnsteig extraniedrig – besorgt mir die Schaffnerin ungefragt einen kräftigen Helfer, indem sie einen anderen Passagier anspricht. Der trägt das bepackte Rad auch gleich noch die Treppe vom Bahnsteig runter.

In Riga sehe ich mir die Altstadt an – sehr viel Jugendstil, sehr hübsch, aber voller Touristen. Außerdem schaffe ich es noch in das Okkupationsmuseum und ein Kunstmuseum.

Ich war schon einmal in dieser Stadt, 1990, glaube ich. Kurz vor der Abspaltung von der Sowjetunion. Ich erkenne nichts wieder, kein Wunder, ich war nicht lange da. Aber das sich der Charakter der Stadt komplett verändert hat, da bin ich sicher. Weniger herausgeputzt war die Stadt damals, die Leninstatuen standen noch und die jungen Leute, mit denen wir zu tun hatten, erschienen uns sehr nationalistisch.

Heute ist Riga eine moderne Stadt, alles ist voller Cafés, Museen, Parks, Sehenswürdigkeiten sanierten Jugendstilhäusern.

Riga – kurz hinter Strenci

12.6.2019,63 km, plus Bahn

Aus Riga raus mache ich es so wie nach Riga rein : ich nehme die Bahn. Und zwar ein Stück weiter als nötig, um nur aus der Stadt rauskommen, bis Cesis. Mittags bin ich dort und fahre zunächst durch das örtliche Naturschutzgebiet, die erste längere Buckelpiste auf dem Weg, obwohl die Straße auf der Karte gar nicht so klein aussieht. Aber auch hier : Ich hatte wirklich schon schlechtere Strecken. Mittagessen gibt es in einem besseren Restaurant in Valmiera, einer netten und nicht weiter aufregenden Stadt, danach wechselt der Weg von der Piste auf die Autobahn. OK. Das ist übertrieben. Es gibt in Lettland viele Straßen, die auf der Karte nach Autobahn aussehen, wie Autobahnen ausgeschildert sind, aber tatsächlich zweispurige Landstraßen sind. Wie sie mit den Rad zu befahren sind, ist unterschiedlich: teilweise prima, wenig Verkehr, teilweise muss man dauernd LKWs aus dem Weg hüpfen, die keinen Millimeter ausweichen.

Ich fahre bis Strenci, einen kleinen Ort, auf dem OSM gleich zwei Zeltplätze eingetragen hat. Die stellen sich als sehr schön gelegene Picknickplätze am Fluss heraus, die sich schon gut zum Zelten eignen. Leider taucht bald nach mir ein Typ mit seinen Transporter an den Platz auf, mit dem ich definitiv keinen einsamen Zeltplatz teilen möchte. Das nette Paar, das ebenfalls noch zum Picknicken da ist, fährt dafür wieder ab. Der Typ bleibt. Also fahre ich ein Stück weiter und baue mein Zelt im Wald auf. Zum Glück ist es hier wirklich nicht schwer, einen Zeltplatz zu finden.

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Litauen

Nida – Sventoji

8.6.2019, 105 km, nicht mehr ganz so heiß

Es ist nicht so recht mein Tag heute. Ich fahre erst einmal hoch auf eine ziemlich hohe Düne, auf der wohl einmal eine (oder die erste?) Segelflug-Schule war. Schöne Aussicht, man kann ausnahmsweise tatsächlich beide Seiten der Nehrung sehen. Über einen Sandweg runter und schon habe ich mal wieder die Orientierung verloren (hallo? – Nida ist ein Dorf!)

Der Weg ist nun ein echter, wunderbar asphaltierter Radweg, meist ein Stück von der Straße entfernt, durch den Wald. Sehr gut zu fahren. Mittags erwische ich das vermutlich schlechteste Café in einem ziemlich touristischen Ort – die Kaffeemaschine ist kaputt, die Cola gibt es aus Styroporbechern, darüber hinaus haben sie nur Eis am Stiel. Also weiter.

Kormorankolonie

Von Klaipeda, der nächsten Stadt sehe ich nicht sehr viel, den Hafen, an dem man per Fähre von der Nehrung ankommt, eine Fußgängerzone, ich falle erschöpft in eine Pizzeria, warte ewig auf einen Salat – zumindest ist er gut, als er endlich da ist.

Hier in Litauen ist die Ostsee so, wie man sie auch aus Deutschland oder Polen kennt: schön, aber von Touristen überrannt. Die Gebäude wirken für mich skandinavisch, viele verzierte Holzhäuser (oder sehen die eher aus wie in Russland?), im Gegensatz zu Kaliningrad und auch zu Polen ist die Café-Dichte erheblich gestiegen. Die Preise sind zum Glück nicht skandinavisch, sondern noch recht gut bezahlbar.