Lettland

Sventoji – Aizpute

9.6.2019, 119 km, 20 Grad und oft Rückenwind

Kaum ist man in Litauen drin, ist man sich schon wieder draußen. Bei mir ist es heute morgen so weit. Dabei habe ich mir noch kaum gemerkt, was „Danke“ auf litauisch heißt, geschweige irgend ein anderes Wort.

Mit Litauen ist auch der wunderbare Radweg zu Ende. Die Route ist in Lettland nur in kleinen Teilen ausgeschildert und führt außerdem endlos über Hauptverkehrsstraßen. Kurz nach der Grenze kein Problem, es ist kaum Verkehr. Aber mit der Zeit wird es mehr.

Die Landschaft ist so, wie ich sie von meiner letzten Reise nach Lettland vor 28 Jahren in Erinnerung hatte : ganz sanfte Hügel, Wälder, Felder, Störche und der eine oder andere Kranich. Hübsch und unspektakulär und sehr dünn besiedelt. Die Abstände zwischen Ortschaft sind ziemlich groß.

Schön ist Liepaja, die einzige echte Stadt auf dem Weg: großer Strand mit Bars und sonstigen Attraktionen, viele Holzhäuser, riesige Parks, eine Kathedrale.

Und schön ist auch der Ort, in dem ich um die 50 km weiter übernachte, Aizpute. Allerdings ziemlich klein, Sonntag abends gibt es kein geöffnetes Café und nur wenige Menschen auf der Straße. Dabei ist es der erste Ort seit Liepaja, der den Namen verdient.

Aizpute – Kandava

10.6.2019, 106 km

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Die lettische Landschaft ist ja ganz schön, aber wirklich nicht fotogen: man bekommt diese Felder und Wälder wirklich nicht sinnvoll auf ein Bild. Ebenso erfolglos versuche ich mich an den Störchen, die oft direkt neben der Straße über frisch gemähte Wiesen stolzieren. Aber während sich die Vögel an Autos, die direkt neben ihnen vorbeifahren überhaupt nicht stören, finden sie eine einzelne Fahrradfahrerin definitiv gefährlich.

Auch heute liegt auf dem Weg eine sehr hübsche Stadt, Kuldiga, mit vielen alten Holzhäusern, Resten eines Schlosses und dem breitesten Wasserfall Lettlands. Das ist ein bisschen lustig: dieser Wasserfall ist zwar tatsächlich breit, aber nicht mehr als vielleicht eineinhalb Meter hoch. Die Landschaft gibt einfach keine Wasserfälle her.

Und dann liegt auf meinem Weg noch Sabile, die kleine Stadt mit dem, was Lonely Planet die Antwort auf die chinesische Terrakottaarmee nennt: ein Garten voller Strohpuppen, die alle möglichen alltäglichen Dinge tun.

Kandava – Riga

11.6.2019, 30 km, dann etwa 60 mit der Bahn

Der Tag beginnt mit Platzregen, zum Glück bin ich da noch in meiner Unterkunft. Danach kommt Gegenwind, Hitze, Schwüle. In eine große Stadt reinzufahren macht ja ohnehin keinen Spaß. Mir reicht das Stück Hauptstraße zu Anfang des Tages vollkommen. Also : ich schummle und steige in Tukums in die Bahn. Die ist billig, Fahrradmitnahme ist kein Problem, nur die supersteilen Treppen in den Zug sind mit Fahrrad nicht ganz einfach zu überwinden. Zum Ausstieg in Riga – hier ist der Bahnsteig extraniedrig – besorgt mir die Schaffnerin ungefragt einen kräftigen Helfer, indem sie einen anderen Passagier anspricht. Der trägt das bepackte Rad auch gleich noch die Treppe vom Bahnsteig runter.

In Riga sehe ich mir die Altstadt an – sehr viel Jugendstil, sehr hübsch, aber voller Touristen. Außerdem schaffe ich es noch in das Okkupationsmuseum und ein Kunstmuseum.

Ich war schon einmal in dieser Stadt, 1990, glaube ich. Kurz vor der Abspaltung von der Sowjetunion. Ich erkenne nichts wieder, kein Wunder, ich war nicht lange da. Aber das sich der Charakter der Stadt komplett verändert hat, da bin ich sicher. Weniger herausgeputzt war die Stadt damals, die Leninstatuen standen noch und die jungen Leute, mit denen wir zu tun hatten, erschienen uns sehr nationalistisch.

Heute ist Riga eine moderne Stadt, alles ist voller Cafés, Museen, Parks, Sehenswürdigkeiten sanierten Jugendstilhäusern.

Riga – kurz hinter Strenci

12.6.2019,63 km, plus Bahn

Aus Riga raus mache ich es so wie nach Riga rein : ich nehme die Bahn. Und zwar ein Stück weiter als nötig, um nur aus der Stadt rauskommen, bis Cesis. Mittags bin ich dort und fahre zunächst durch das örtliche Naturschutzgebiet, die erste längere Buckelpiste auf dem Weg, obwohl die Straße auf der Karte gar nicht so klein aussieht. Aber auch hier : Ich hatte wirklich schon schlechtere Strecken. Mittagessen gibt es in einem besseren Restaurant in Valmiera, einer netten und nicht weiter aufregenden Stadt, danach wechselt der Weg von der Piste auf die Autobahn. OK. Das ist übertrieben. Es gibt in Lettland viele Straßen, die auf der Karte nach Autobahn aussehen, wie Autobahnen ausgeschildert sind, aber tatsächlich zweispurige Landstraßen sind. Wie sie mit den Rad zu befahren sind, ist unterschiedlich: teilweise prima, wenig Verkehr, teilweise muss man dauernd LKWs aus dem Weg hüpfen, die keinen Millimeter ausweichen.

Ich fahre bis Strenci, einen kleinen Ort, auf dem OSM gleich zwei Zeltplätze eingetragen hat. Die stellen sich als sehr schön gelegene Picknickplätze am Fluss heraus, die sich schon gut zum Zelten eignen. Leider taucht bald nach mir ein Typ mit seinen Transporter an den Platz auf, mit dem ich definitiv keinen einsamen Zeltplatz teilen möchte. Das nette Paar, das ebenfalls noch zum Picknicken da ist, fährt dafür wieder ab. Der Typ bleibt. Also fahre ich ein Stück weiter und baue mein Zelt im Wald auf. Zum Glück ist es hier wirklich nicht schwer, einen Zeltplatz zu finden.

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