R1 in Polen

Ende April 2019:

26.+27.4.2019: Krzyz Wielkopolski – Miasteczko Krajenskie

105 + 8 km

Die erste kleine Teilstrecke des R1 durch Polen ist Jahre her.  Jetzt endlich kommt das nächste Stück. Wie schon beim letzten Mal besteht das erste Problem darin,  zu meinem Ausgangspunkt zu kommen. Ich komme zum Bahnhof, und stelle fest  dass der Zug ausfällt. Als Ersatz gibt es einen Regionalexpress bis Frankfurt/Oder, dort wartet der eigentlich gebuchte Intercity. Ich schleppe das bepackte Rad treppab und treppauf – Aufzug würde zu lange dauern – renne ganz ans Ende des Bahnsteig und hieve das, wie gesagt, bepackte Rad in den Zug. Geschafft. Sogar den Anschluss in Poznan kriege ich, obwohl die Schaffnerin das Gegenteil angekündigt hat. Und unterwegs gelingt es mir auch noch

1.Zloty aus einem Automaten zu leiern

2. herauszubekommen, wie man den Ort ausspricht, in den ich fahre (Krzyz – zwei stimmhafte sch, dazwischen ein Laut irgendwo zwischen i und ü)

Dann los. Ich habe versucht, ein paar km hinter Krzyz ein Zimmer zu reservieren, habe aber keine Antwort bekommen. Trotzdem erwartet mich die Besitzerin des Bauernhofs schon. Prima, sonst hätte ich mir schleunigst einen Zeltplatz suchen müssen  es wird nämlich schon dunkel.

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Am nächsten Morgen geht weiter. Zu Beginn ein bisschen durch ein Naturschutzgebiet, dann durch eher unspektakuläre Landschaft: bis auf kleine Hügel sehr flach, Felder, Wälder, die keine sind, sondern Fichtenwüsten. Dazwischen zwei Städte, Trzianka und Pila. Auch diese wirken ziemlich langweilig, selbst nach einem Restaurant muss ich suchen. Nicht suchen muss ich dagegen  Herrn Woityla, den vorletzten Papst. Jede zweite Straße scheint nach ihm benannt zu sein, aber manchmal reicht das nicht, es muss auch noch eine Statue her.

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Der Radweg ist weiterhin prima ausgeschildert. Es geht meistens auf kleinen Straßen entlang, aber klar, gelegentlich stört dann doch der Autoverkehr, wenn man mal wieder viel zu knapp und zu schnell überholt wird.

Miasteczko Krajenskie -Koronowo

97km

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Morgens sieht das Wetter prima aus. Bleibt aber leider nicht so. Im Lauf des Tag kommen die Wolken zurück, dann regnet es. Es geht weiter zwischen Feldern, durch Dörfer, vorbei an den einen oder anderen kleinen See. Hübsch, aber nicht besonders beeindruckend.

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Städte gibt es kaum auf dem Weg. Mrocza hat ein paar hübsche Gebäude, ist aber ansonsten ungewöhnlich tot. Kein Café, kein Restaurant, die eine Dönerbude, die es gibt, hat sonntags geschlossen. Ich habe Hunger. Es nieselt.

Erst in Koronowo finde ich ein Restaurant, eine alte Mühle, in der ich gerade noch einen Platz bekomme, bevor es dann weiter geht zu der Stelle auf der Karte, wo gleich mehrere Hotels nebeneinander eingezeichnet sind. Eine Ferienkolonie am See. Landschaftlich super, Seen, Schilf, Wald, Vögel, mit denen ich mich leider nicht auskenne.

Die Ferienkolonie ist noch ausgestorben. Nur ein Hotel ist schon geöffnet, eine sehr sozialistische Einrichtung mit Unmengen kleinen Zimmern, an denen sich in den letzten 30 Jahren kaum etwas geändert haben dürfte. Erstaunlich viele Angestellte pro Gast, Glaskasten mit Fensterchen als Rezeption, Linoleumböden und riesige Speisesäle.

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Koronowo – Grudziadz

95 km, wer sich nicht verfährt hat es kürzer.

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Die Wolken werden von Sonne abgelöst, und von Gegenwind, der über den Tag immer stärker wird. Nur einmal in einem größeren Dorf ist er plötzlich verschwunden. Das heißt nein, ein Windrad, an dem ich vorbei fahre dreht sich noch immer ganz schön schnell. Rückenwind also, es fährt sich auch gleich viel leichter. Man könnte behaupten, dass ich stutzig werden müsste. Und ja, klar, nach ein paar Kilometern schaue ich aufs Handy, ich bin falsch abgebogen, wäre ja auch zu schön gewesen. Ja, mir war schon aufgefallen, dass die Wegweiser ein bisschen anders aussehen, aber das kommt ja wohl vor…  Tatsächlich sind Plaketten mit Fahrradsymbol, aber ohne R1 Beschriftung aufgetaucht. Die Gegend hat ein kleines Radroutennetz und dieses wiederum eine Art allgemeingültiges Zeichen.

Also zurück, sofort ist die ganze schöne Leichtigkeit hinüber und ich muss erst einmal in den Supermarkt, Schokolade kaufen.

Am frühen Nachmittag bin ich in Chelmno, ein Hansestädtchen auf einem der seltenen Hügel mit Kloster, großer Kirche, viel Backstein. Außerdem mit großen Eiscafés auf dem Marktplatz und einem kleinen in der Fußgängerzone. Sehr hübsch.

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Grudziadz wiederum reißt nicht von Hocker. Das mag daran liegen, dass es ein bisschen nervig ist, durch den Verkehr in die Stadt zu kommen und das ich dann auch schon ziemlich geschafft bin. Immerhin, der Blick von der alten Burg aus die Weichsel ist schön.

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Grudziadz – Malbork

105 km, das Internet behauptet, dass es 92 sind

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Festung Malbork

Der Wetterbericht behauptet, das der Wind zwar weiterhin genau von vorn kommt, dass er aber immerhin nachlässt. Vor 9:30 morgens habe ich diesen Eindruck auch, danach nicht mehr. Die Fahrt ist also eher anstrengend als angenehm. Der Radweg führt nun mehr oder weniger an der Weichsel entlang und hat den Charakter eines Flussradwegs. Das heißt hier: man sieht den Fluss eigentlich nicht, weil man ständig neben dem Deich entlang geführt wird. Auf der anderen Seite endlose Felder. Raps Spargel, Weizen, repeat. Gut, der Raps blüht gerade, das ist ganz hübsch. Den Weg über Kwidzyn will ich mir eigentlich sparen, meine App (Osmand) kennt eine kürzere Strecke. Ich biege nach links auf eine hervorragende kleine Asphaltstraße ab, um weiter an der Weichsel zu bleiben. Ich muss aber schnell feststellen, dass der Asphalt nur angetäuscht ist. Nach ein paar hundert Metern wird die Straße so schlecht, dass ich nach vielleicht einem weiteren Kilometer reumütig auf die Radroute zurückehre. Merke: wer solche Routen anlegt, denkt sich meistens etwas dabei, auf Abkürzungen zu verzichten.

Es gibt ihn doch mal: den Blick auf die Weichsel

Kwidzyn liegt auf einem Hügel, auch hier eine BacksteinBurg und eine Backsteinkirche mit Museum, das man sich ansehen könnte. Oder man kann einfach im Park ausruhen und picknicken.

Ich fahre weiter, aus der Stadt heraus, um eine Baustelle herum und dann ist plötzlich wieder einmal der Wind weg und das Fahrradfahren geht ganz einfach. Ich müsste eigentlich sofort misstrauisch werden, aber wo ich doch fast mühelos dahinfliege… Klar: ich fahre schon wieder in die falsche Richtung. Also zurück. Ich quäle mich weiter. Irgendwann geht es endlich durch Wald, der Wind wird zumindest ein bischen weniger und dann, endlich, bin ich in Malbork. Den restlichen Weg nach Tczew, wo morgen mein Zug zurück nach Berlin abfährt spare ich mir, es gibt genug Züge auf der Strecke, die auch Räder mitnehmen. Und die Hauptverkehrsstraße dorthin wäre mit Sicherheit auch ziemlich unangenehm.

Die Festung Malbork lässt sich nicht mehr von innen besichtigen, es wird wohl ein Fest zum 1. Mai vorbereitet. Aber der Weg außen herum um die größte Anlage der Backsteingotik, direkt an der Weichsel lohnt allemal. Ebenso das Bier am Ufer, fast im Sonnenuntergang.

Bahnhof in Malbork – auch sehenswert

Nächster Abschnitt im Juni 2019
Malbork – Frombork

4.6.2019 – 80km,

das Thermometer meines Tachos zeigt 34 Grad, nachdem es eine Stunde im Schatten lag, der Wetterbericht redet nur von 24 Grad. Quatsch. Es ist heiß!

Übernachtung: Campingplatz kurz hinter Frombork

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Nach der letzten Etappe Ende April bin ich gestern mit dem Zug zurück nach Malbork gefahren, habe in der Pension mitten im wunderschönen Bahnhof von Malbork übernachtet (gut und günstig, nur muss man sich zwischen geschlossenem Rollo und geöffneten Fenstern entscheiden. Wegen der Straßenbeleuchtung ist es die ganze Nacht taghell im Zimmer.

Morgens schwinge ich mich aufs Rad, ein kleines Stück Hauptstrasse, dann schickt mich meine App über eine Strecke, die teilweise wunderbar asphaltiert teilweise ziemlich rumplig ist. Mein neues Fahrrad kommt damit deutlich besser klar als das letzte, das mir tragischerweise vor ein paar Monaten geklaut wurde.

Am späten Vormittag bin ich in Elblag: wunderbar sanierte Häuser und Kirchen, außerdem Gelegenheit für ein ausführliches zweites Frühstück.

Am Nachmittag macht mir die Hitze ernsthaft zu schaffen, es sind gerade die ersten wirklich heißen Tage des Jahres. Ein paar Pausen und kalte Cola helfen.

Irgendwann kommt der erste Blick aufs frische Haff und schließlich Frombork, eine sehr kleine Stadt mit riesigen Dom. Hier hat offenbar Kopernikus gelebt und hier ist er auch begraben. An jeder Ecke scheint eine Statue von ihm zu stehen.