Khorugh – Abch
78 km, laut Osmand 1183 Höhenmeter rauf und 883 wieder runter – es bleibt holprig
Trotz des ständigen Auf und Abs bewege ich mich insgesamt schneckenartig langsam nach oben, momentan bin ich auf 2440 m und es ist noch immer ganz schön heiß. Das bedeutet entweder kurze Strecken oder aber lange Mittagspausen und danach die Hoffnung, noch im Hellen irgendwo anzukommen. Heute letzteres. Mittags finde ich ein kleines Café/Laden mit Terrasse, wo ich mich stundenlang aufhalte. Es gibt Pirogi mit Kartoffelfüllung, Tee und Cola. Nach einer Weile kommt ein Paar dazu, das die Tour auf einem Tandem macht. Meine Güte, sind die schnell!
Am Abend immerhin treffe ich sie wieder in einem kleinen Hotel neben einer heißen Quelle. Dort gehen wir dann auch gemeinsam hin. Eine Mitarbeiterin des Hotels kommt kurzerhand mit. Es handelt sich um eine Quelle, die in einem Gebäude durch ein ziemlich unscheinbares Wasserbecken fließt, in dem schon ungefähr 10 splitterfasernackte Frauen sitzen. Davor gibt es lediglich einen Umkleideraum mit ein paar Haken an der Wand. Die Chance, meine super-schmutzigen Füße (ich radle bislang in Sandalen) vorher abzuwaschen, habe ich nicht. Zum Glück fließt das Wasser einigermaßen schnell durch das Becken. Entgegen meiner Befürchtung hat es auch eine angenehme Temperatur. Wenn man länger drin sitzt, wird es sogar ein bisschen kühl.
Abch – Qah-Qaha-Festung
41 km, 366 Hm
Nach dem langen Tag gestern wird der heutige deutlich kürzer. Nicht dass die Rumpelstrecke nicht trotzdem anstrengend wäre. Aber ich komme nach ausführlicher Frühstückspause gegen Mittag zu einer Unterkunft. Es ist das erste klassische Homestay auf meiner Reise. Es gibt einen Raum für Gäste, in dem Schlafmatten ausgelegt sind. Ein europäisches Bad ist gebaut, es funktioniert aber nicht, weil im Winter die Leitungen eingefroren sind. Stattdessen wird in einem riesigen Behälter Wasser heiss gemacht und mit einer Art Wasserhahn in einem kleinen Raum geduscht. Die Toilette hat eine Spülung. Das bedeutet, man hockt in einem kleinen Häuschen mit Afghanistan-Blick weit über einem kleinen Bach. Der Weg dorthin führt über Bretter, die auf alten Moskvich-Karossen liegen.
Fast direkt neben meinem Homestay gibt es eine alte Festung. Sie steht eindrucksvoll auf einem hohen Felsen und soll aus dem vierten Jahrhundert stammen. Viele Details sind nicht zu erkennen, Informationen sind auch spärlich, aber es ist ein eindrucksvoller Ort.
Qah-Qaha-Festung- Bibi Fatima Hot spring
58 km, 880 Hm
Unterwegs freue ich mich über jedes bisschen der Strecke, das nicht aus großsteinigem Schotter oder Waschbrettpiste besteht. Oder wo es Schatten gibt. Dazwischen knallt die Sonne ganz schön. Am Ende muss ich mein Rad noch weit den Berg rauf in Richtung der örtlichen Festung und der Bibi Fatima Quelle schieben – selbst das erste Homestay auf dem Weg ist weit oben. Dann ruhe ich mich aus, bevor ich mich auf den Weg zur Quelle mache, die noch mehrere hundert Höhenmeter weiter oben liegt – der erste Ausflug in mehr als 3000 m Höhe. Zum Glück muss ich nicht ganz zu fuß gehen – unterwegs hält eine russische Reisegruppe an und nimmt mich mit.
Die Quelle ist dieses Mal zwar mit einem Gebäude umbaut, innen findet sich aber eine fast märchenhafte Felsengrotte, die den Ruf hat, die Fruchtbarkeit von Frauen zu erhöhen. Später sehe ich Bilder von der Männerseite, die ist deutlich weniger eindrucksvoll.
Das Wasser ist ziemlich heiß und als ich nach dem anstrengenden Tag herauskomme, bin ich plötzlich ganz schön geschafft. Zum Glück nimmt mich die Gruppe nach ein paar Fotos vor der Festung wieder mit hinunter zu meiner Unterkunft.
Bibi Fatima Hotsprings – Langar
43 km, 900 Hm bergauf
Die Waschbrettpiste hört nicht auf, zur Abwechslung gibt es an ein paar Stellen aber weichen Sand. Und ein kleines bisschen Asphalt.
Seit Tagen fragen mich Einheimische, wann ich denn wohl in Langar sei. Der Ort sieht auf der Karte nicht groß aus, hat aber mehrere Unterkünfte und ein Museum. Na, da sieht doch nach etwas Infrastruktur aus, denke ich mir und fahre ziemlich achtlos durch Wrang, einen Ort mit immerhin einem Lebensmittelgeschäft und einem Mobilfunkladen durch. Das bereue ich kurz danach. Ja, Langar ist flächenmäßig nicht klein. Aber es besteht aus weit voneinander entfernt stehenden Häusern, mein Anbieter jedenfalls hat keinerlei Internet, ein oder zwei Läden gibt es, sie haben aber absolut nichts was für mich interessant wäre – unter anderem gibt es keinen Kühlschrank im Laden und damit auch nichts Frisches und nur warme Cola. Ein paar Nudeln und Süßkram kann man kaufen, die habe ich aber schon dabei. Strom gibt es den größten Teil des Tages nicht. Meine Wirtin sagt, das liegt daran, dass Strommasten ausgetauscht würden, aber es scheint alles in allem ein ziemlich gewohnter Zustand zu sein. Trotzdem geben sich die Gastgeber viel Mühe damit, westlichen Touristen ein paar Annehmlichkeiten zur Verfügung zu stellen: eine richtige Dusche und westliche Toilette, Stühle und einen Tisch, Betten statt Schlafmatten (an die kann man sich gewöhnen, aber sie sind schon sehr dünn).
Langar – Murgab (mit Auto!)
Fast 250 km mit Taxi und LKW
Locals sagen, bis hierher war die Straße gut, ab jetzt wird sie sehr steil und schlecht und vor allem: einsam. Auf den nächsten 100 km gibt es keine Siedlungen, so gut wie keine Autos, keine Mobilfunkverbindung, im zweiten Teil auch kein Trinkwasser. Für eine Solo – Tour ist mir das alles ein bisschen viel. Außerdem taucht in Langar Nico auf, den ich schon in Bibi Fatima kennengelernt habe. Auch er ist auf der Suche nach einer Mitfahrgelegenheit bis Murgab. Also treffen wir uns morgens um halb sieben an meiner Unterkunft. Zwei Stunden später ist noch kein Auto in unsere Richtung gefahren und wir beschließen, mit einem der möglichen „Taxis“ (jedes Auto ist ein Taxi!) zu verhandeln. Für um die 100 Euro für uns beide geht es los. Was wir nicht wissen: das Auto steht kurz vor dem Zusammenbruch. Nach den ersten paar Kilometern der erste Stopp. Das Auto verliert Kühlwasser, was noch da ist, hat eine Temperatur weit oberhalb des Toleranzbereichs. Warten, abkühlen lassen, Wasser nachfüllen, weiter. Der Weg ist extrem holprig, erstaunlich, wenn irgend ein Fahrzeug das schafft. Dann das selbe Spiel, anhalten, warten, Kühlwasser einfüllen. Übrigens hat das Auto auch keinen funktionierenden Akku. Der Fahrer hält immer am Hang an und lässt den Wagen vorwärts oder rückwärts rollen, um ihn zu starten. Wir denken derweil darüber nach, ob wir darauf bestehen sollen, umzukehren. Mit Auto im Nirgendwo zu stranden, ist schließlich nicht besser als mit dem Fahrrad.
Am Ende haben wir jede Menge Fotos mit kaputtem Auto vor spektakulärer Landschaft und es tatsächlich bis zur Hauptstraße geschafft.
Dort dauert es zwar eine Weile, bis der erste LKW vorbeikommt, der nimmt uns aber sofort mit nach Murgab (dass ich dorthin mitfahre, ist Faulheit, über die spektakuläre, einsame Hochebene dorthin könnte ich auch wieder radeln. Aber hey, ich habe Urlaub!)