Pamir Teil 5: Sary Tash – Osh

49 km und ungefähr 45 mit Auto

Ups, ich habe es schon wieder getan. Ich fahre für morgens wie immer los. Das Wetter ist schlecht, ich habe kurz überlegt, noch zu bleiben, aber weder Sary -Tash noch meine Unterkunft gefallen mir wirklich. Also los, es regnet und es geht bergauf. Der Regen wird stärker. Ich kämpfe mich bis fast auf den ersten Pass hinauf, denke dabei an meine Erkältung und daran, dass das doch nun eigentlich nicht sein muss. Also hebe ich einmal wieder zögerlich eine Hand, als mehrere Transporter vorbeikommen. Einer davon hält sofort an. Der Transporter wirkt von außen leer. Entsprechend überrascht bin ich, als die Ladefläche geöffnet wird und dort schon ein Pferd liegt. Na, wunderbar, mein Fahrrad wird zu dem Pferd geladen, festgebunden und ich quetsche mich neben die beiden Männer, die bereits im Auto sitzen. Ich bekomme hier zusätzlich zum ersten Mal Kymyz zu probieren, vergorene Stutenmilch. Nach etwa 45 km müssen die beiden abbiegen, ich steige aus, schwinge mich wieder aufs Fahrrad, das Wetter ist mittlerweile etwas besser und einen weiteren Pass habe ich mir auch gespart. Entsprechend einfach fahren sich die restlichen Kilometer bis Gul’cha.

Gul’cha – Osh

85 km, 925 Hm rauf, 1461 runter

Der letzte Tag und der letzte Pass dieser Reise. Die zahlreichen Höhenmeter kommen geballt gleich am Anfang. Langsam fahre ich Meter für Meter nach oben. Es ist anstrengend, geht aber doch viel besser als in den ersten Tagen. Ungefähr fünf Kilometer vor dem Gipfel überholt mich der Franzose, den ich schon zwei Tage zuvor getroffen habe. Dann bin ich oben. Hier scheint ein echtes ausflugsziel zu sein: teehäuser, viele Stände mit lokalen Spezialitäten: käsebällchen und Kymyz, vergorene Pferdemilch. Man kann hier in Yurten essen, einkaufen, Fotos machen.

Ich kaufe pflichtbewußt einen halben Liter Kymyz, dann geht es wieder bergab, durchs Alay -Tal, das voll ist, mit Restaurants und Ausflüglern.

Irgendwann bin ich dann da, in Osh, wieder Großstadt, wieder nur ungefähr auf 1000 m Höhe. Es ist heiß, der schlechte Sprit sorgt für erstaunliche Abgaswolken hinter den meisten Autos und ich kämpfe mich durch den Stadtverkehr zu meinem Hotel. Immerhin, endlich wieder ein richtiges Bad, gutes Internet, zuverlässige Stromversorgung.

Osh

Osh ist die zweitgrößte Stadt Kirgistans und so gibt es hier auch fast alles: einen großen (vor allem langen) Markt mit Obst und Gemüse, Kleidung, Hufeisen und Pferdehalftern, kleinen Restaurants und Souvenirs, Parks mit kunstvoll gepflanzten Blumen, einen Vergnügungspark mit altersschwachen Karussels, Museen, einen internationalen Flughafen. Außerdem steht mitten in der Stadt der Sulaiman-Too, ein geschichtsträchtiger Berg, der fast von überall zu sehen ist. Tatsächlich hat Osh als Siedlung eine mehr als 3000 jährige Geschichte, wie Ausgrabungen rund um den Sulaiman-Too zeigen. Außerhalb der Museen – ein Museum befindet sich in einer Höhle im Fels, das andere in der Nähe darunter – ist davon allerdings nicht viel zu erkennen. Und die Museen selbst sind zwar schön hergerichtet, aber sehr informativ sind sie nicht – im Höhlenmuseum am Berg gibt es so gut wie keine Informationen, die irgendeinen Hintergrund zu den Exponaten darstellen, im Regionalmuseum endlose Texte auf Kirgisisch und Russisch. In kann Russisch, aber für diese Texte fehlt mir trotzdem die Geduld.

Neben den Museen und dem Markt lohnt sich auch eine Stadtführung, buchen kann man die unter bestofosh.com, sofern 3 Leute dafür zusammenkommen (oder man mehr bezahlt).

Dann geht es an den Heimflug. Ich habe da Ticket einer türkischen Billigfluggesellschaft und ein in viel Plastikfolie gewickeltes Rad (Fahrradkartons sind in Osh nicht zu bekommen). Dass ich aber gefühlt zwei Stunden (real:1,5) mit Nahkampf verbringe, liegt am ortstypischen eigenwilligen Anstehverhalten – es gibt keine Warteschlangen. Wenn man dann eher klein ist, aber viel Gepäck dabei hat, ist es nicht ganz einfach, alle aus dem Weg zu drängeln, um dranzukommen. Frauen mit kleinen Kindern dürften es noch schlechter haben, sind das Chaos aber anscheinend gewohnt. Auch an der Passkontrolle werden noch einmal allseits Ellbogen ausgefahren, dann endlich bin ich im internationalen Teil des kleinen Flughafens und stelle auf Umwegen fest, dass der Flug 90 Minuten Verspätung hat. Zum Glück habe ich genug Zeit zum Umsteigen in Istanbul.