Dieser Teil der Reise läuft im Wesentlichen ohne Fahrrad, weil meine Tochter da ist und keins mitgebracht hat.
Von Santiago aus fahren wir per Bus in etwa 20 Stunden nach San Pedro. Die Fahrradmitnahme ist zwar nicht ganz billig, funktioniert aber unproblematisch. Nur in Calama stellen wir fest, dass der Bus nach San Pedro nicht von dem Busbahnhof aus fährt, an dem wir angekommen sind, was mit Rad schon eine kleine Komplikation ist
San Pedro ist ein sehr touristisches, aber auch sehr schönes Wüstendorf, umgeben von absolut spektakulärer Landschaft. Wie die meisten Touristen buchen wir ein paar organisierte Touren: zum Sterne beobachten in die nächtliche Wüste, zum Valle de la Luna und zu den Geysiren in El Tatio. Außerdem machen wir einen Ausflug zur Garganta del diablo, dieses Mal mit Fahrrädern (ein eigenes, ein geliehenes).
Alles, wirklich alles in der Umgebung ist absolut spektakulär und jede der Touren absolut empfehlenswert! Welche der zahlreichen Agenturen man wählt, scheint dabei nicht sonderlich wichtig zu sein.












Salar de Uyuni Tour
Der üblichste Weg von San Pedro nach Bolivien ist eine dreitägige Jeep-Tour durch eine Reihe weiterer spektakulärer Landschaften nach Uyuni. Auch diese Tour wird von vielen Agenturen angeboten. Wir müssen allerdings eine finden, die bereit ist, mein Rad mitzunehmen. Ich möchte es dann zwar stehenlassen und später abholen, aber zumindest bis über die Grenze nach Bolivien soll es mit.
Wir finden tatsächlich einen Veranstalter, der bereit ist, das Rad aufs Dach zu packen: die Ventura travel Agency und der bolivianische Partner Expediciones Manuel erklären sich bereit zum Radtransport. Einziger Nachteil: an diesem Tag gibt es keinen englischsprachigen Guide.
Nach kurzer Bedenkzeit erklären wir, dass wir soeben Spanisch gelernt haben und buchen.
Es stellt sich heraus, dass auch die anderen Teilnehmer die Sache mit der Sprache nicht so ernst genommen haben: unter den sechs Teilnehmer*innen sind zwei Chinesinnen, von denen nur eine einigermaßen Englisch kann, keine Spanisch, ein Paar aus Brasilien (sie kann Recht gut Spanisch, er deutsch, keiner Englisch und wir ( Englisch, ich ein bisschen Spanisch). Alle tun ihr bestes, um sich zu verständigen, ich (gerade so zwei Brocken Spanisch) fange irgendwann an, Spanisch – Englisch zu übersetzen und tatsächlich funktioniert alles überraschend gut.
Die Tour führt über eine Reihe von durch unterschiedliche Minerale gefärbte Lagunen, zu Flamingokolonien, weiteren Geysiren und zu heißen Quellen. Es geht auch ziemlich direkt von 2300 Höhenmetern auf fast 5000 und dann wieder etwas herunter auf 4000. Was soll ich sagen, alle mit Ausnahme des Fahrers kämpfen um ihre Sauerstoffsättigung, Cocablätter werden verteilt, außerdem Kopfschmerztabletten.
An den kommenden Tagen gibt es Spaziergänge zu bizarren Felsformationen und schließlich Fotosessions auf dem Salar de Uyuni, der gerade ungefähr 10 cm unter Wasser steht.















Titicacasee, Isla del Sol
Das offensichtlichste Ziel am Titicacasee ist Copacabana. Andere Reisende haben uns aber vor diesem Ort gewarnt: sehr touristisch, laut, nicht besonders interessant. Also machen wir dort nur einen kurzen Stopp, bevor wir uns in eine Fähre zur Isla del Sol, genauer gesagt nach Chalapampa am Nordende der Insel setzen. Es ist ein kleiner, ruhiger Ort direkt am See an der Verbindung zu einer Halbinsel. Die Tage auf der Isla del Sol sind wirklich ruhig und entspannend. Wir wandern einmal um die komplette Insel, fast 20 km und insgesamt natürlich recht anstrengend, aber sehr schön. Zu sehen gibt es eine Reihe Ruinen aus der Inkazeit, eine größere Anlage im Norden und ein paar Dinge im Süden der Insel, außerdem schöne Ausblicke auf den See und viele Alpacas. Nach den doch recht anstrengenden Tagen um den Salate. Oh juni ist es genau das richtige.











La Paz
Die Ankunft im la Paz ist erstmal ein Schock: eineinhalb Stunden lang quält sich der Bus durch die Straßen von El Alto und la Paz. überall halbfertige, niedrige Ziegelbauten, steile Straßen und Rußwolken aus den Auspuffen von kleinen und größeren Bussen. Man hat Lust, das Atmen einzustellen, stattdessen keucht man in der Höhe von der kleinsten Anstrengung.
Zum Glück verbessert sich der Eindruck nach kurzer Zeit. Nicht jede Straße ist voller Autos, es gibt große, interessante Märkte und gute Restaurants.
Wir tun die üblichen Dingen: Sehenswürdigkeiten ansehen, Stadtführung machen und Seilbahn fahren. Ja, la Paz hat Seilbahnen als öffentliche Verkehrsmittel quer durch die Stadt und die Nachbarstadt El Alto gebaut. Die Bahnen sind Klasse. Man steigt ein, es wird plötzlich ganz still und man bekommt den besten Eindruck von der Stadt. Teilweise fahren die Bahnen zwischen Hochhäusern hindurch, teilweise hoch über der Stadt.
Außerdem bereiten wir unser nächstes Abenteuer vor: die Wanderung auf dem El Choro Trek, einem Weg aus der Inkazeit, der in drei bis vier Tagen aus fast 5000 m Höhe hinunter in die Yungas führt. Wir kaufen Lebensmittel für die ganze Strecke und fragen bei Tourveranstaltern, ob der Weg trotz noch andauernden Regens machbar ist. Zwei Frauen in unterschiedlichen Büros raten uns ab, sagen aber, dass sie nichts definitives sagen können. Ein Mann erklärt uns eine dreiviertel Stunde lang den gesamten Weg, sagt, dass es schon OK ist und leiht uns Wanderstöcke. Das Problem: normalerweise dauert die Regenzeit etwas bis März. Es ist Anfang April, aber es regnet und regnet. Das bedeutet: rutschige Steine auf dem Weg bergab, viel Matsch, viel höhere Wasserstände an den zu überquerenden Flüssen.
Wir machen uns trotzdem auf den Weg. Gleich zu Anfang nehmen wir einen falschen Abzweig und müssen deshalb den Aufstieg auf fast 5000 Meter Höhe zweimal machen. Wir bewegen uns in zeitlupe. Danach fängt es an zu regnen, dann zu graubeln. Die alten Wege aus der Inka Zeit sind bei diesem Wetter berüchtigt rutschig. Also wieder Zeitlupe. Währenddessen wird die ursprüngliche Wüstenlandschaft langsam grüner. Erst sind Flechten zu sehen, dann Grasbüschel, schließlich der erste Baum.Am Ende schaffen wir es am ersten Tag nicht zum geplanten Campingplatz. Stattdessen schlagen wir das Zelt, als es schon dunkel wird mitten auf dem Weg auf – das ist der beste Platz, den wir finden. Und da wir so gut wie noch keinen Menschen getroffen haben, ist auch nicht damit zu rechnen, dass wir nachts jemanden stören.
In der Nacht regnet es kaum unterbrochen weiter.
Am zweiten Tag machen wir nachmittags etwas eher Schluss – in Bellavista, einem Campingplatz, wo wir das Zelt unter einem Dach aufstellen können. Das bedeutet allerdings, dass wir statt dreier Tage vier brauchen werden – und das wir entsprechend nicht genug Lebensmittel dabei haben. Immerhin können wir zwei Eier und ein paar Kekse kaufen.
Die wirkliche Herausforderung kommt am dritten Tag: am späten Vormittag kommen wir an einem Fluss, über den einmal eine wunderschöne Hängebrücke führte. Von der sind allerdings nur noch die Drahtseile übrig. Der Fluss wiederum wirkt reißend, einfach durchspazieren können wir nicht. Wir versuchen es ein Stück flussaufwärts. Samt Schuhen tasten wir uns durch die Strömung. Auf der anderen Seite des Flusses scheint ein Weg nach oben zu führen. Das muss doch wohl der provisorische Anschluss an unseren Weg sein?
Wir klettern hinauf. Der Pfad ist extrem steil, wir ziehen uns an der Vegetation hoch, an einer Stelle hängt ein Seil. Leider stellt sich, als wir oben sind, heraus, dass dieser Pfad nichts mit unserem Weg zu tun hat. Er trifft auf eine Wasserleitung und folgt dieser. Wir müssen zurück nach unten. Den Pfad, den wir kaum aufwärts geschafft haben. Zum Glück geht alles gut. Wie wir über den Fluss kommen, wissen wir leider immer noch nicht. Auf der richtigen Seite des Flusses am flussbett entlang zu gehen, funktioniert nicht. Es gibt eine steilküste und starke Strömung. Also zurück über den Fluss.
Ich versuche mich ein paar Meter an den Stahlseilen der kaputten Brücke entlang zu hangeln. Prinzipiell möglich, aber extrem unangenehm. Schließlich versuchen wir mehrere Stellen im Fluss und haben schließlich Glück: an einer Stelle befindet sich eine große Steinplatte, über der das Wasser nicht ganz so tief ist. Millimeterweise tasten wir uns vorwärts. Nach mehreren Stunden haben wir es endlich geschafft.
Auch der nächste Platz, auf dem wir übernachten, heißt Bellavista. Bestimmt bietet er auch eine tolle Aussicht – allerdings nicht als wir da sind, wir bekommen im Wesentlichen Nebel zu sehen.
Der letzte Tag bringt glücklicherweise keine weiteren Abenteuer: gegen Mittag kommen wir in Chairo an, einem kleinen Ort am Ende des Weges. Dort hängt ein Whiteboard mit Namen – es ist schon genau organisiert, wer dran ist damit, Touristen zum nächsten größeren Ort zu bringen, von wo der Bus zurück nach La Paz fährt.








