Radtour an Ostern 2018 durch Südost-Sizilien, dieses mal nicht allein, sondernmit einer Gruppe aus sechs Leuten.
Spoiler: Landschaftlich sensationell, ideale Reisezeit, alles blüht, und Kultur gibt es obendrauf.
30.03.2018 Catania – Priollo Mellili – Palazzolo Acreide
Warm und sonnig, 52km, ca. 1200 Höhenmeter nach oben und etwa halb so viel nach unten
Nach dem Flug nach Catania mit Ryanair, das Rad war in viel Luftpolsterfolie und eine Hülle verpack – hat mein Hinterrad eine riesige Acht. Als ich es feststelle, ist es fast 1 Uhr nachts und ich bin mittlerweile fast allein auf dem Flughafen. Ich nehme einen Bremsbelag heraus und komme so gerade noch zum Hotel.
Am nächsten Morgen mache ich mich auf die Suche nach einer Fahrradwerkstatt und habe Glück : nicht weit von meinem Hotel gibt es Zeronove, ein kleiner Laden, der schon um 9 öffnet. Der sehr nette Betreiber spricht englisch und deutsch und nimmt sich sofort meine Rades an. Er bearbeitet die Felge mit allerlei Werkzeug, spannt die Speichen und sagt mir, dass ich damit wahrscheinlich noch ein paar Tage durchhalte. Was ich schon nicht mehr zu glauben wagte: kurz nach 10 bin ich an Bahnhof und treffe meine Mitreisenden, die pünktlich mit dem Nachtzug aus Rom kommen. Wir stecken 6 Fahrräder und Gepäck in einen Nahverkehrszug und sind um Viertel vor 12 in Priolo Mellili, wo unsere Fahrt beginnt.
Zunächst geht es bergauf, nach Mellili, weiter nach Sortino und dann, nach einer Pause steil bergab in das wunderschöne Anapotal. Hier führt ein Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse durch ein Naturschutzgebiet. Es geht also nur noch ganz sanft bergauf, dafür durch viele alte Eisenbahntunnel und meist am kleinen Fluss entlang. Über uns Felsen, Höhlen und Natur.
Irgendwann ist das Schutzgebiet zu Ende, die Bahntrasse geht weiter, aber der Weg wird sehr schlecht. Wir quälen uns weiter am Fluss entlang bis wir praktisch direkt unterhalb von Palazzolo Acreide, dem heutigen Ziel, sind und nur noch ein paar Höhenmeter zu unserer Unterkunft schaffen müssen.
31.3.2018, Palazzolo Acreide – Scicli
70km, Sonne
Nach dem Frühstück besichtigen wir die örtlichen Sehenswürdigkeiten: Palazzolo Acreide wurde 1693 durch ein großes Erdbeben zerstört und danach im spätbarocken Stil wiederaufgebaut. Eigentlich bereiten sich die Kirchen gerade auf die Veranstaltungen zu Ostern vor, wir bekommen dennoch eine kurze Privatführung.
Etwas außerhalb und – natürlich – oberhalb der Stadt gibt es eine Ausgrabungsstätte mit antikem griechischem Theater, Wohnanlagen und Gräbern.
Unsere Radtour führt dann ab und auf und ab und auf von Palazzolo Acreide nach Ragusa. Als wir dort sind, ist es bereits Nachmittag, die Restaurants haben die warme Küche eingestellt. Dafür können wir zusätzlich zu den Arancinis (knusprige, leckere, gefüllte Reisbällchen) und Pizzateilchen, die die Vitrine noch zu bieten hat, unseren unterwegs gekauften Käse auspacken und bekommen Brot, Besteck und Teller dazu geliefert. Der folgende Stadtrundgang wird dann relativ kurz: auch hier gibt es viel Barock und zahlreiche Kirchen in der sehenswerten Altstadt.
Dann geht es weiter über Modanica nach Scicli. Die Landschaft ist sensationell, Berge, Täler, alles blüht, aber auch die etwas kleinere Zahl an Höhenmetern heute ist noch ganz schön anstrengend.
1.4. Scicli über Sampieri nach Pachino
50km + Halbinselrundfahrt 30km, sonnig und stürmisch
Die Tage mit den Bergfahrten sind vorbei: es geht noch steil bergab ans Meer („no brakes!“ sagt doch glatt einer von uns). Dann: einen Kaffee trinken, Eis essen, im Meer baden. Letzteres tun allerdings nur die beiden Deutschen unter uns, böse Zungen behaupten, das Wasser sei noch kalt.
An der Küste treffen wir auf einen hervorragend ausgeschilderten Radweg in Richtung Syrakus. Ein Stück führt er direkt auf dem festen Sand am Meer entlang, dann in Küstennähe an einer alten Fabrik vorbei, die wir für eine ehemalige Ziegelei halten. Und die ganze Zeit stürmt es, ausnahmsweise von hinten: der Wind schiebt uns ohne große Anstrengung die Küste entlang nach Pachino.
Dieses Städtchen entpuppt sich als ziemlich langweilig: Schachbrettartig angelegt, etwas abseits der Küste. Dafür gibt es am Abend eine Überraschung: das Restaurant in der Stadtmitte stellt sich als ganz hervorragend heraus. Am Eingang steht etwas von Pizzeria, im Inneren gibt es neben der Pizza wunderbares Seafood.
2.4.-3.4. Pachino – Siracusa
ca. 90km, sonnig und kühl
Die Strecke für heute ist wieder gut ausgesucht: kleine Straßen, fast verkehrsfrei, am Meer, über sanfte Hügel, an blühenden Wiesen vorbei. Wir fahren über Marzamemi, sehen unterwegs die Villa Romano del Tellaro an – eine große römische Villa mit gut erhaltenen Mosaikböden – und ruhen uns im Naturschutzgebiet am Meer aus, hüpfen nochmal ins Wasser.
Gern hätten wir noch Noto angesehen, das schaffen wir aber leider nicht mehr, weil einer von uns schon zurück zur Bahn muss. Dafür gibt es Kaffee in Avolo, bevor wir die letzten Kilometer nach Syrakus radeln.
Für diese Stadt haben wir noch einen Tag Zeit, also: Wir sehen den Dom an, dessen riesige Säulen das Überbleibsel eines antiken Athenetempels sind, ein Museum und dann die Ausgrabungsstätte mit griechischem und römischem Theater und dem „Ohr des Dionysos“, einer beeindruckenden großen Höhle am alten Steinbruch.
4.4. Das Ende
Eine wunderschöne kleine Reise, aber der Wehrmutstropfen am Ende fehlt dann doch nicht: als ich am Flughafen in Berlin mein Rad in Empfang nehmen will, bekomme ich einen Trümmerhaufen: Völlig zusammengebogene Gabel, Verbogene Kurbel, vollständig demolierte Laufräder. Meine Theorie, dass Fahrräder am besten unverpackt reisen, bestätigt sich mal wieder (das machen aber die wenigsten Fluggesellschaften mit) – dieses Mal war es recht gut eingepackt. Man darf gespannt darauf sein, wie es mit dem Schadensersatz (Ryanair!) laufen wird.