Donauradweg durch Rumänien: Silistra – Tulcea

19.9.2016 Silistra – Ion Corvin

Strecke: ca. 58 km,

Wetter: Regen, ab mittags Wind, etwas mehr als 20 °C

Übernachtung: Pensiunea Vivi;

Silistra-Ion_Corvin_2016-09-19
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Ich fahre gegen halb neun über die rumänische Grenze. Alles am Grenzübergang wirkt heruntergekommen, es gibt neben der Ausweiskontrolle noch ein paar Schalter für die Fähre auf die andere Donauseite. Einen Ort direkt an der Grenze gibt es nicht. Bei nächster Gelegenheit biege ich aber ab und versuche, an Geld zu kommen. Es ist ein größeres Dorf, irgendwo gibt es tatsächlich einen Geldautomaten. Mit verschiedenen Karten versuche ich alle Eingaben, ohne dass der Automat am Ende Geld ausspuckt. Überraschenderweise bekomme ich aber am Schalter der Bank welches. Der Geldautomat ist schlicht leer.

Vor ein paar Tagen sagte mir jemand, dass Rumänien reicher sei als Bulgarien. Davon ist nichts zu sehen. Auf den ersten Blick wirkt die Gegend arm und unwirtlich. Die zahlreichen Weinberge auf dem Weg sind eingezäunt, soweit es etwas wie Cafes gibt, handelt es sich um kleine Läden mit ein paar Plastikstühlen und Männern, die davor sitzen.

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Die ganze Zeit schon regnet es immer wieder ein wenig. Auf den letzten Kilometern kommt ein ziemlich starker Wind dazu. Ich habe heute die Wahl, nur die kurzen 58 km oder aber gleich 135 km weit direkt nach Constanta zu fahren. Angesichts des Wetters entscheide ich mich für die kurze Strecke.

Mit der Übernachtung ist es allerdings etwas schwierig: Weil es im Ort nur eine Pension gibt und auch auf dem weiteren Weg keine im Bikeline-Führer steht, habe ich schon vorher versucht anzurufen. Der Erfolg war mittelmäßig, ich erreichte niemanden, der eine Sprache sprach, die ich auch kann, bekam aber den Eindruck dass die Pension offen ist. Als ich ankomme und klingle, kommt ein Zimmermädchen und beantwortet alle Fragen – ist die Pension offen, gibt es ein freies Zimmer, soll ich nochmal kommen, gibt es ein Restaurant?  – mit Nein. Sie versucht, ihren Chef anzurufen, erreicht ihn aber nicht. Ich mache noch einen Versuch im Dorfladen. Dort findet man schließlich den Chef, er sagt mir, dass er ein Zimmer hat. Mittlerweile bin ich fast auf die Weiterfahrt eingerichtet, bleibe aber natürlich doch. Später kommen auch die Belgier, nachdem sie einen weiteren aufgesammelt haben, sind sie mittlerweile zu viert. Der Ort hat kein Restaurant, dafür gibt es in unserer Unterkunft eine Küche. Wir fragen lieber nicht, ob wir sie benutzen können und tun es eben. Es gibt Nudeln mit Gemüse und eine Dose Ravioli, die einer von uns dabei hat. Dazu scheußlich süßen Wein aus dem Dorfladen.

20.9.2016 Ion Corvin – Mamaia

Strecke: 96 km

Wetter: 14°C, grau und immer wieder Regen

Übernachtung: Hotel Splendid, Mamaia, empfehlenswertes 4 Sterne Hotel mit Sauna und Schwimmbad

Es ist plötzlich ganz schön kühl geworden – es ist ja auch schon Ende September. Außerdem droht der Wetterbericht mit zunehmendem Wind. Wahrscheinlich deshalb sind heute alle früh unterwegs. Während die Belgier versuchen, im Dorfladen etwas wie ein Frühstück zu bekommen, mache ich mir in der Unterkunft Kaffee.

Beim Losfahren klemme ich mir den Riemen des Rucksacks in den Zahnrädern der Gangschaltung ein. Zum Glück bemerke ich es rechtzeitig, nur eine Schnalle am Rucksack ist kaputt. Aber ich ärgere mich über mich selbst. Ich weiß doch, dass ich auf den blöden Riemen aufpassen muss!

Wie schon gestern fällt auch heute auf, wie viele Klöster es hier gibt. Und zwar welche, die in Betrieb sind, vielfach sogar neu errichtete oder solche, die gerade ausgebaut werden.IMAG0234.jpg

Gegen Mittag endlich hole ich die drei Belgier ein, etwas nach mir trudelt auch der vierte ein, der ja eigentlich ebenfalls allein unterwegs ist. Wir fahren den Rest der Strecke gemeinsam weiter. Auf den letzten 20 km kommt zum Wind der Verkehr auf einer vierspurigen Straße, die Busse und LKW rasen zum Teil sehr knapp und sehr schnell an uns Radfahrern vorbei. Der Sog, den sie verursachen ist zusammen mit dem Seitenwind eine Herausforderung, vor allem, wenn man nicht unter das nächste heranrasende Auto geraten will.

Während meine Begleiter zum Bahnhof fahren, mache ich einen kurzen Abstecher in die Innenstadt von Constanta. Sie scheint zumindest auf den ersten Blick nicht besonders interessant, eine kleine Altstadt, wenige Museen, eine Fußgängerzone. Und dann natürlich: das Schwarze Meer! Es ist kalt, es regnet, das Meer ist eher grau… aber dennoch, ich habe es auf mehreren Reisen nun immerhin mit dem Rad vom Atlantik hierher geschafft, und dass ist doch ein Grund, tief durchzuatmen und eine Flasche Wein aufzumachen!

Das Hotel liegt noch etwa 10 km weiter in Mamaia, dem langen, mit Hotels gepflasterten Sandstrand. Als ich ankomme, lasse ich mich zur Feier des Tages erst einmal im hoteleigenen Spa massieren.

Dann treffe ich zum letzten Mal die Belgier zum Essen. Sie haben unterwegs ein Edel-Fischrestaurant entdeckt, wir gehen hin, trinken wirklich sehr guten rumänischen Wein, essen Fisch und bezahlen etwa das zehnfache dessen, wofür wir sonst ein ordentliches Essen bekommen.

21.9.2016 Mamaia – Jurilovca

Strecke: 87 km

Wetter: 15 °C und windig

Übernachtung: Hotel Herakleo, schöne Anlage mit merkwürdigem Geruch im Zimmer

Mamaia-Jurilovca_2016-09-21
Mamaia-Jurilovca_2016-09-21

Es ist nicht mehr heiss, also gibt es eigentlich auch kein Grund mehr, sehr früh aufzustehen. Ich bin aber gegen 7 wach und gegen halb 8 beim (heute ziemlich guten) Frühstück. Die Belgier sind überraschenderweise schon da. Drei von ihnen fahren heute noch zurück nach Bukarest, nur einer fährt weiter in Richtung Delta. Dann geht es los, zuerst den Mamaia-Boulevard entlang. Vierspurig, aber der Verkehr ist erträglich. Der Boulevard ist eine einzige endlose Ferienanlage zwischen dem schwarzen Meer und dem riesigen Lacul Siutghiol. Nach den Hotels folgen Industrieanlagen, vor allem eine sehr große Raffinerie, bevor die Strasse endlich zweispurig wird und der Verkehr etwas weniger. Die Fahrt ist heute anstrengend, vor allem wegen des Windes. Manchmal gibt es  auch kleine Steigungen.

In einem Dorf, nach etwa 30 km mache ich die erste kurze Pause. Ein Café gibt es nicht, aber ich kaufe im Dorfladen etwas zu trinken und setze mich damit draußen auf eine Bank. Als ich wieder losfahren will, stelle ich den zweiten Platten auf meiner Tour fest.  Wieder das Hinterrad. Ohne viel nachzudenken wechsle ich den Schlauch gegen den, den ich in Bulgarien gekauft habe, inmitten einer Horde Kinder, die gerade Schulschluss oder jedenfalls eine Pause haben. Alle fragen mich der Reihe nach, wie ich heiße und sagen mir ihre Namen. Keine Chance, bei dem Lärm ein kleines Loch im Schlauch zu finden.

Egal, es geht weiter. Größtenteils ist die Landschaft eher langweilig, abgeerntete, braune Felder, gelegentlich sieht man einen See. Häufiger sieht man Pferdegespanne, Esel, Schafherden, und natürlich wie immer jede Menge Hunde in den Dörfern. Bislang ist mir aber keiner begegnet, der wirklich aggressiv war. Wenn ich anhalte, und das Fahrrad zwischen mich und die Hunde stelle, erschrecken sie durchweg und bleiben stehen.

Ion_Corvin-Mamaia_2016-09-20
Ion_Corvin-Mamaia_2016-09-20

Unterwegs treffe ich außerdem auf zwei Australier, die in mehreren Monaten mehr als 4000 km durch Europa gefahren sind, ein älteres Paar, das deutlich schneller unterwegs ist, als ich.

Scheußlich sind die 10 km zwischen Mihai Viteazy und Baja: nur zweispurig, sehr viel Verkehr, Unmengen an LKW, die sehr dicht überholen.

In Jurilovca habe ich zunächst Schwierigkeiten, eine Unterkunft zu finden: Keine der Pensionen im Ort hat ein Schild mit einem Namen oder irgend einen Hinweis darauf, dass es sich um eine Pension handelt. Auf einem Schild wird eine Pension zum Verkauf angeboten, ein Haus, das in Frage kommt, hat einen großen Hund im Garten, so dass ich mich zunächst nicht hineintraue – zumal ich gerade erst von einer ganzen Horde Hunde verfolgt wurde. Ich treffe hier wieder auf den übrig gebliebenen Belgier, der ein Zimmer vorgebucht hat und ebenfalls mit wachsender Verzweiflung versucht, es auch zu finden – wir bleiben erfolglos, zwar bietet dieses Haus im Internet Zimmer an, es scheint aber vom Erdboden verschluckt.  Schließlich trauen wir uns doch in den Garten mit dem Hund und siehe da: es ist ein hübsches Hotel, der Hund bellt nur, beißt aber nicht und wir bekommen unsere beiden Zimmer.

Abendessen gibt es im anscheinend einzigen Restaurant des Ortes. Wir treffen die Australier, dann auch noch zwei deutsche Studenten, und essen zusammen. Ein netter Abend.

22.9.2016 Jurilovca – Tulcea

Strecke: 109 km

Wetter: Ca. 20 °C, Sonne, etwas Wind

Übernachtung: Hotel Insula, hübsch und etwas hellhörig

Jurilovca-Tulcea_2016-09-22
Jurilovca-Tulcea_2016-09-22

Morgens bin ich früh wach, eine Menge Hunde bellen so laut, dass es unwahrscheinlich ist, wieder einzuschlafen. Dummerweise habe ich am Vorabend vergessen, nach den Frühstückszeiten zu fragen. Also packe ich erst einmal. Als alles fertig ist, ist es halb 8, von einem Frühstück ist weit und breit nichts zu sehen. Ich fahre los. Nach dem Grau der letzten Tage scheint wieder die Sonne und die Landschaft wirkt im Morgenlicht toll.

Jurilovca-Tulcea_2016-09-22
Jurilovca-Tulcea_2016-09-22

Im nächsten Dorf gibt es Kaffee und ein abgepacktes Hörnchen im Magazin Mixt. Es läuft gut an diesem Morgen. Der Weg führt nun durch den Landteil des Donaudelta: viel hügeliges Gelände, mindestens eine alte Festung, steppenartige Vegetation, Weinberge, in den Dörfern Gänse, Truthühner. Überhaupt die Dörfer: vielleicht liegt es an der touristischer werdenden Gegend, aber sie sind plötzlich voller Blumen. Die Häuser sind oft farbenfroh gestrichen und haben allerlei Verzierungen, Säulen, Ornamente und ähnliches. Knapper sind dagegen Restaurants. Vormittags halte ich noch einmal an einem Laden an, trinke Kaffee und esse Kekse, nachmittags in einer Bar. Dort treffe ich auch zwei ältere Schweizerinnen – ich würde sie auf um die 70 schätzen – die mit dem Rad aus Österreich gekommen sind. Nicht schlecht.

Der Nachmittag wird dann doch noch recht anstrengend: die Hügel auf dem Weg nehmen insbesondere auf den letzten 30 Kilometern deutlich zu, es geht die ganze Zeit auf und ab. Als ich endlich mein Hotel in Tulcea gefunden habe, bin ich einigermaßen erschöpft.

23.-24.9.2016 Tulcea

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Ich habe nun zwei ganze Tage in Tulcea, bevor ich mich hier mit meiner Tochter treffe. Dabei ist die Stadt gar nicht so interessant. Also erkundige ich mich ausführlich  nach Möglichkeiten, mein Rad nach Bukarest zu bringen, hier das Ergebnis, Stand Ende September 2016:

  • Augustina, die Gesellschaft mit den meisten Verbindungen fährt mit Kleinbussen und nimmt keine Räder mit (könnte in der Hauptsaison anders sein).
  • Connextrans nimmt Räder mit. Die Gesellschaft hat im Prinzip nur internationale Verbindungen, teilweise aber mit Umsteigen in Bukarest. Man sagt mir, dass ich den Bus am Donnerstag, der der Zubringer für die Italienverbindung ist, nehmen kann. Er fährt am Nachmittag los. Man muss aber wohl am Schalter stehen, um diese Info zu bekommen, andere bekamen per Mail die Auskunft, dass die Fahrt nur bis Bukarest nicht möglich ist.
  • Es gibt einen Zug, der Räder mitnimmt. Er fährt zwei Mal täglich, Umsteigen in Medgidia. Der frühe Zug startet um 5:26, der späte kommt erst gegen 23:30 in Bukarest an. Langsam sind beide.
  • Eine zweite Busgesellschaft, die nur internationale Verbindungen anbietet ist Atlassib. Sie fährt Mittwochs nach Berlin, theoretisch ist auch ein reiner Transport des Rades möglich. Es wird dabei aber einige Male umgeladen.
  • CDI fährt mehrmals täglich, meistens mit Kleinbussen. Abhängig vom Platzangebot werden Räder mitgenommen, Auskunft darüber gibt es für konkrete Verbindungen erst ca. 2 Tage vorher.

Abgesehen von den Bus/ und Bahnverbindungen gebe ich Wäsche in einer Reinigung ab und schaue zwei Museen an: das örtliche Kunstmuseum und das Delta Museum. Beide sind sehenswert, allerdings hapert es im Delta Museum etwas mit englischsprachigen Erklärungen.

25.9.2016 – 28.09.2016 Paddeln in Crišan

Übernachtung: Petre und Caroline Vasiliu (empfehlenswert; im Voraus buchen, ist oft ausgebucht)

Crisan_2016-09-26
Crisan_2016-09-26

Am letzten Abend in Tulcea treffe ich meine Tochter, gemeinsam wollen wir noch ein paar Tage im Donaudelta verbringen, genauer, in Crišan, einem langgestreckten Dorf an einem Donauarm.

Im Reiseführer steht, man solle nicht auf eigene Faust paddeln gehen, das Risiko, sich zu verfahren sei zu groß. Unser Gastgeber Petre sagt, kein Problem, er hat Routen, die leicht zu finden sind.

Das Boot liegt vorbereitet am Wasser, wir bekommen eine Karte und den Weg erklärt.  Wir ziehen das Boot ins Wasser und schaffen es, trockenen Fusses hineinzuklettern. Die Kanäle und Seen sind wirklich sehr schön, es gibt einige Landstellen mit Bäumen, sehr viel Schilf, Seerosen, viele Vögel, die ich leider nicht kenne, enge Kanäle und große, weite Seen. Wasser und Land sind kaum voneinander zu unterscheiden. Wir erschrecken etwas, als wir den großen See sehen, über den wir paddeln sollen, um an den Platz zu gelangen, den Petre für die Pause empfohlen hat. Die Fahrt dorthin ist tatsächlich kein Problem, zurück müssen wir später aber gegen den Wind paddeln, und auch Wellen gibt es. IMAG0287.jpg

Unsere Pause ist nicht besonders lang. Zum einen haben wir keine Unterlage dabei, auf die wir uns auf dem nassen Boden setzen könnten, zum anderen ziehen ziemlich dunkle Wolken auf. Dennoch: es ist ein wirklich schöner Ort, viele Vögel, ansonsten ganz einsam.  Einen Pelikan sehen wir, Kormorane, mehrere Eisvögel, Reiher und sehr viele Vögel, die ich nicht kenne.

Also weiter. Irgendwann hören wir etwas, was ein Donner sein könnte. Ich beginne mich zu fragen, wie wir von dem See herunterkommen könnten, wenn es ernsthaft beginnt zu gewittern. Überall um uns herum ist nur Schilf und Feuchtgebiet, kaum echtes Land.

Unser Weg führt nach dem riesigen See durch kleine Kanäle, unter anderem durch einen, der fast zugewachsen ist und auf dem wir uns mit den Paddeln zentimeterweise durch Gestrüpp quälen. Als wir schließlich zurück an unserer Pension sind, kündigt sich der Muskelkater schon an.

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An den nächsten beiden Tagen gibt es weitere sehr schöne Paddeltouren. Das Wetter ist nun besser, aber nicht besonders warm. Entgegen der ursprünglichen Planung zelten wir denn auch nicht im Delta – obwohl das sicher sehr schön wäre. Aber abgesehen von den Temperaturen wird es mittlerweile auch schon ziemlich früh dunkel.

 

 

Donauradweg durch Bulgarien: Negotin – Silistra

14.09.2016 Negotin – Vidin

Strecke: 72 km

Wetter: ab Mittag wieder ca. 32.℃

Übernachtung: Hotel Dunav, schönes altes Haus, schlechtes Frühstück

Nach dem Frühstück fahre ich zuerst bei der Post vorbei und gebe einen Brief mit Geld für das Hotel ab, das mir meinen Pass schicken soll. Dann geht es los. Der Radweg führt über eine Nebenstraße, die ein gutes Stück länger ist als die Hauptstraße. Sie ist etwas holprig, aber es gibt nur zu Beginn noch ein wenig Verkehr, danach habe ich die Fahrbahn für mich allein. Nach 25 km bin ich an der Grenze nach Bulgarien, der serbische Zoll hat kein Problem damit, dass ich mit Reisepass eingereist bin und mit Personalausweis wieder ausreise.

Die Landschaft auf dem weiteren Weg hat nichts Spektakuläres, es ist eine sanfte Hügellandschaft, immerhin geht es eine Zeit lang durch eine hübsche Allee.

Während in Serbien jedes Dorf ein schickes Cafe hatte, in dem es allerdings nichts zu essen gab, scheinen die Kneipen hier auf den ersten Blick knapper zu sein. Immerhin finde ich aber eine Art Café in einer alten Kirche. Es gibt Espresso aus Plastikbechern, Mineralwasser, Eis am Stiel und zum ersten Mal auf meiner Reise die Frage, ob ich denn keine Angst habe, so ganz allein.

Negotin-Vidin_2016-09-14

Am frühen Nachmittag bin ich in Vidin und habe also noch genug Zeit, mir ein paar Dinge anzusehen. Das ist zunächst einmal eine sympathische Kunstgalerie mit bulgarischen Werke aus dem 20. Jahrhundert. Ein Museumswärter schaltet das Licht an, als ich komme, Eintritt möchte er nicht. Dann eine Moschee, die offensichtlich sehr alt ist, der man den Halbmond auf dem Minarett durch ein anderes Symbol ersetzt hat, die aber durchaus noch als Moschee in Betrieb ist. Und schließlich eine mittelalterliche osmanische Festung. Überhaupt erkennt man die osmanischen Einflüsse überall, kein Wunder, über 500 Jahre regierten hier die Osmanen.

15.9.2016 Vidin -Lom –Ruse

Strecke: 56 km mit dem Rad, um die 300 km mit der Bahn

Wetter: wieder über 30 °C, Sonne

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Zwischen Serbien und  Bulgarien gibt es eine Zeitverschiebung um eine Stunde, gut, wenn man etwas Strecke hinter sich haben will, bevor es zu heiß wird.  Die Straße aus Vidin heraus führt durch ein Industriegebiet und ist Zubringer zu einer Autobahn. Entsprechend unangenehm ist der LKW-Verkehr. Es gibt allerdings zu Beginn eine kleine, holprige Nebenstraße. Ich nehme sie kurzzeitig und prompt öffnet sich meine Wasserflasche. Das wäre nicht so schlimm, wenn das Wasser nicht ausgerechnet mein  Handy ertränken würde. Es funktioniert erst einmal nicht mehr. Unangenehm, mitten auf irgendwelchen abgelegenen Landstraßen mitten in Bulgarien. Dafür hält irgendwann neben mir die Französin an, die ich nun schon mehrmals getroffen habe. Wir bleiben bei der weiteren Fahrt zusammen. Sie stammt aus Paris und hat zwischen Studium und Jobsuche ein paar Monate Zeit für eine längere Radtour.

Es geht durch eine hübsche, wenn auch nicht sonderlich spektakuläre Hügellandschaft, teilweise auf einer asphaltierten, aber sehr holprigen Straße, teilweise auf einer nagelneuen.

Wir beschließen,  von Lom aus einen Zug  nach Ruse zu nehmen. Der soll nach der Auskunft am Bahnhof etwa eine Stunde später fahren. Was wir mangels Sprachkenntnissen nicht verstehen ist, dass wir für die Strecke von etwas mehr als 300 km zweimal umsteigen müssen und insgesamt etwa 8 Stunden brauchen sollen (tatsächlich werden es 9) – das merken wir erst im Zug. Überhaupt ist die Fahrt abenteuerlich: ein paar Jugendliche helfen uns, mit unseren großen Gepäckmengen und den Rädern die sehr steilen Stufen in den Zug hoch, wir verstauen die Räder irgendwie zwischen zwei Wagons, vor beinahe jedem Halt räumt der Schaffner sie um.

Dann umsteigen innerhalb von 7 Minuten. Wieder gibt es mehrere hilfsbereite Leute, die mit uns zusammen  den ganzen Krempel in den Zug direkt gegenüber bugsieren. Es handelt sich um die uralt-Version eines deutschen IRE, einem ohne echten Fahrradstellplatz. Die Türen werden durchweg nicht richtig geschlossen, ob wegen der Lüftung bei wieder über 30 ℃ oder weil sie nicht zu schließen sind, weiß ich nicht.

Dann haben wir fast zwei Stunden Aufenthalt (Kaffee, Eis, Hotel buchen) in Mesdra, bevor wir wieder den Bahnsteig entlangrennen, um ganz nach hinten in den Zug zu kommen, wo die Räder hinsollen. Fahrradtaschen hineinwerfen, Fahrräder unendlich steile Treppen heraufheben. Immerhin finden wir einen guten Platz, sowohl für die Räder als auch für uns. Und das Beste: am Abend funktioniert mein Handy wieder.

16.9.2016 Ruse und Umgebung

Strecke: keine mit dem Rad

Wetter: ca. 33 °C, Sonne (schon wieder!)

Übernachtung: City House Hotel

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Wir bleiben beine in Ruse und beschließen, für den Tag ein Auto zu mieten, um ein paar Sehenswürdigkeiten in der Umgebung anzuschauen. Die Autovermietung, bei der wir am Vormittag landen, wirkt etwas fragwürdig, es ist nur ein Parkplatz, eine Sitzgelegenheit, ein etwas windiger Vermieter, der gut Englisch spricht, wenn er gerade keine Fragen von uns beantworten soll. Der Vertrag, den wir schließlich trotz Bauchschmerzen unterschreiben,  ist ausschließlich bulgarisch, die Frage nach der Selbstbeteiligung löst ungläubiges Kopfschütteln aus, immerhin geht nach mehrmaligem Nachfragen ein Kollege des Vermieters um das Fahrzeug herum und fotografiert es aus allen Richtungen.

Schließlich geht es los, zuerst zum FelsenkloIMAG0162.jpgster in Basarovo. Es handelt sich um einige in die Felsen hineingebauten Räume und eine kleine Kirche. In fast jedem Raum haben Besucher vor uns Münzen hinterlassen und Zettel mit Namen darauf.

Als nächstes die Orlova Chuka Höhle. Es handelt sich um ein insgesamt 14 km langes Hoehlensystem mit zahlreichen Tropfsteinen, und, irgendwo im hinteren Teil riesigen Fledermauskolonien. Wir sind für diese Tour die einzigen Besucherinnen und werden von einem Führer durch die Höhle gelotst, der recht gut französisch spricht und zu jeder Felsformation erklärt, was sie darstellen könnte – Schneewittchen zum  Beispiel oder einen Thyrannosaurus Rex. Zweimal auf dem Weg singt er auch, an Stellen mit besonders guter Akustik.

Danach fahren wir noch zur Cherven Festung und zu den Felsenkirchen von Ivanovo. Von der Festung ist nicht mehr viel zu sehen, vor allem eine Reihe von Grundmauern zu denen es aber keinerlei Erklärung gibt. Von den Felsenkirchen finden wir eine, wir wissen nicht, ob und wie die zahlreichen anderen, die es in der Umgebung geben muss, zugänglich sind. Wirklich beeindruckend ist aber sowohl bei der Festung als auch bei der Felsenkirche die Umgebung. Der erste Eindruck ist der einer sanften Hügellandschaft, gelegentlich gibt es aber tiefe Taleinschnitte mit steilen Sandsteinfelsen, Höhlen und darin eben auch einige sehr alte Kirchen, etwa aus dem 14. Jahrhundert.

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17.9.2016 Ruse – Tutrakan

Strecke: 66 km,

Wetter: Sonne, 35 °C (Tendenz zu unerträglich warm)

Übernachtung: Hotel Lodkata, direkt an der Donau, hübsche Terasse

Tutrakan_2016-09-17
Tutrakan_2016-09-17

Der Weg in Ruse ist noch recht gut, es gibt gut ausgebaute Radwege. Danach wird es erst einmal grausam: es folgt eine vierspurige, autobahnähnlich ausgebaute Strasse. Wenn es ein Seitensträßchen gibt, dann führt es neben Industriegebieten mit Hunden entlang, die manchmal unvermittelt laut bellend herausstürzen.

Irgendwann wird die Strasse zweispurig, der Verkehr bleibt aber unangenehm. Und dann stelle ich den ersten Platten am Hinterrad fest. Ich schiebe das Rad zur nächsten Bushaltestelle, wo etwas Platz und außerdem Schatten ist und versuche mich an der Reparatur. Nach dem ersten Loch stelle ich ein zweites direkt daneben fest, versuche es ebenfalls zu reparieren. Vielleicht lasse ich dem Kleber nicht genug Zeit zum Antrocknen, jedenfalls funktioniert es partout nicht, immer pfeift Luft über dem Flicken hervor. Schließlich tausche ich den Schlauch aus. Das geht relativ schnell, aber nun habe ich keinen Ersatzschlauch mehr und nur wenige Flicken übrig. Glück habe ich, als kurz bevor ich fertig bin, ein Autofahrer neben mir hält und tatsächlich einen Kompressor dabei hat. Mit meiner winzigen Handpumpe bekomme ich kaum  ausreichend Druck auf den Reifen.

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Abgesehen von dieser Zwangspause fahre ich die heutige Strecke mehr oder weniger durch und bin gegen 13 Uhr in Tutrakan. Nachdem ich ein Hotel gefunden und gleich bezahlt habe, mache ich mich auf den Weg durch die Stadt und stelle nach kurzer Zeit fest, dass ich ein weiteres Problem habe: fast kein Geld mehr. Und die ganze Stadt hat gerade Stromausfall, also funktionieren auch die Bankautomaten nicht. Ich gebe meine letzten Lei für einen Ersatzschlauch aus. Flickzeug finde ich leider keines. Dann setze ich mich in den Park und trinke das Wasser aus, das ich vorher noch gekauft habe. Ich denke schonmal darüber nach, wie ich den Tag ohne Geld, Essen, Trinkwasser überlebe, als der Strom wieder anspringt. Ich werde also doch nicht verhungern.

18.9.2016 Tutrakan- Silistra

Strecke: ca. 73 km

Wetter: ca. 32 °C, nachmittags endlich Regen

Übernachtung: Hotel Danube, fünf Sterne (wenn auch nicht nach westeuropäischem Standard, dennoch ein schönes Haus)

Tutrakan-Silistra_2016-09-18
Tutrakan-Silistra_2016-09-18

Ich verzichte auf das Hotelfrühstück, das es erst ab 8 gibt, esse im Zimmer etwas und trinke unten noch einen Kaffee, dann geht es los, zunächst zwei wirklich steile Steigungen hoch. Der erste Teil des Radweges ist sehr schön, einsam, er führt über eine kleine, aber recht gute Landstrasse. Allerdings enthält er auch einen kleinen Teil auf dem so genannenten römischen Weg. Der ist so steinig, dass ich mein nicht wirklich geländegängiges Fahrrad trotz ebener Strecke ein Stück schiebe. Dann ein sehr ursprüngliches Dorf, Gänse auf der Strasse, traditionelle Häuser. Es gibt auch einen Brunnen, an dem ich anhalte. Ich frage einen Mann, der daneben steht, ob das Wasser trinkbar ist und er antwortet in schönstem Französisch. Er erzählt, dass er in Bruessel lebt und gerade seine Grossmutter in ihrem Heimatdorf besucht. Und ja, es ist Trinkwasser.IMAG0219.jpg

Weil die Karte noch einige schlechte Strecken ausweist, wechsle ich danach auf die Hauptstrasse mit zwar relativ wenigen aber sehr schnellen Autos und LKWs. Der Verkehr ist dabei heute, an einem Sonntag sicher nicht so schlimm wie an einem Wochentag.

Hinweis: andere Radfahrer sagen, dass der offizielle Radweg bis Popina OK ist, danach sei aber definitiv der Wechsel auf die Hauptstraße angesagt.

Gegen 14 Uhr erreiche ich dann Silistra und miete mich im besten Hotel der Stadt ein, dem Hotel Danube.

In der Stadt gibt es eine Reihe von Ruinen, mittelalterliche und roemische, auch hier mit wenigen Informationen. Mitten zwischen diesen Ruinen: ein Einkaufszentrum. Die Museen, eine Kunstgalerie und ein Geschichtsmuseum sind leider gerade geschlossen.

Mittlerweile haben mich die drei Belgier eingeholt, die ich schon in Donji Milanovac getroffen habe, also gehen wir gemeinsam essen, ziemlich gut sogar. Sie haben zwischendurch ebenfalls per Bahn „geschummelt“.

 

 

Donauradweg durch Serbien: Belgrad – Negotin

10.September 2016, Berlin – Pančevo

Strecke: 51 km mit dem Rad, 1000 km mit dem Flugzeug 

Wetter: bewölkt, knapp 30 °C, schwül.

Übernachtung: Guesthouse Perla, 40 Euro für ein DZ mit Frühstück, hübsches, aber hellhöriges Zimmer.

Belgrad-Tulcea
Quelle: OpenStreetMaps

Vor dem Urlaub haben meine Kollegen auffällig oft wiederholt, dass ich auf mich aufpassen und gesund zurückkommen soll. Das färbt ab. Ich bin also etwas nervös, als ich mich allein zu meiner Radtour aufmache.

Es geht sehr früh morgens mit der Fahrt zum Flughafen los. Dort schraube ich die Pedale ab, stelle den Lenker quer und lege versuchsweise die mitgebrachte Plastikplane über das Fahrrad. Lasse das Rad doch unverpackt. Pro Forma klebe ich nur Luftpolsterfolie über Scheinwerfer, Rücklicht, Umwerfer.

Ich bin über zwei Stunden vor Abflug am Flughafen. Und natürlich ist es auch dieses Mal wie erwartet: es dauert alles länger. Die sehr nette Frau am Check In ist auch für das Kassieren der Gebühr für den Fahrradtransport zuständig, weil Air Serbia keinen eigenen Ticketschalter hat. Sie nimmt weder EC, noch Kreditkarten und kann Bargeld nicht wechseln. Stattdessen läuft sie um den halben Flughafen, um einen Quittungsblock zu besorgen und mir von Hand eine Quittung auszustellen. Ausserdem muss sie sich bei jemandem, der nicht zu erreichen ist, nach dem Preis für die Fahrradmitnahme erkundigen. Wenn ich nun noch am Sperrgepaeckschalter diskutieren muss und vielleicht noch einpacken, und dann meine Fahrradtaschen mit dem Werkzeug abgeben… dann kann es trotz des großen Puffers knapp werden.

Wird es aber glücklicherweise nicht. Die Dame am Sperrgepäckschalter fragt nur kurz nach, ob ich sicher bin, mein Fahrrad so aufgeben zu wollen, dann nimmt sie es. Ich komme nicht einmal dazu, etwas Luft herauszulassen.

Wenige Stunden später bekomme ich mein Rad und das Gepäck in Belgrad zurück, alles in gutem Zustand, auch die Luft ist noch in den Reifen. Es kann losgehen.

Wie erwartet ist die Fahrt durch Belgrad nicht sehr erfreulich, verkehrsreich, staubig, und alle paar Meter halte ich an, um sicher zu gehen, dass ich noch auf dem richtigen Weg bin.

Nach etwa 25 Kilometern habe ich es endlich geschafft: ich bin aus der Stadt raus und habe die Wegweiser des Donauradwegs erreicht. Später stelle ich fest, dass diese Donaubrücke wegen des Verkehrs berüchtigt ist. Für Fahrräder ist sie theoretisch gesperrt, aber es gibt keine Alternative und so gehört die Kraftfahrstraße zur offiziellen Fahrradroute. Mich stört der Verkehr nach der Stadtdurchfahrt in Belgrad nicht mehr. Hinter der Donaubrücke stellt mich ein Wegweiser vor die Wahl: „Wir konnten die Strecke nicht auf der Straße markieren, weil sie für Fahrräder nicht zugelassen ist. Der Radweg führt deshalb etwa 10 km auf einer Staubstrasse entlang. Fahrräder werden auf der Kaftfahrstrasse aber toleriert.“ Es folgt eine Beschreibung der verbotenen Strasse. Ich entscheide mich für die Erlaubte. Sie ist trocken und in diesem Zustand zwar etwas holprig, aber gut machbar.

Pančevo ist eine Mischung aus nachsozialistischem Verfall, schönen alten Gebäuden, sehr viel Fussgängerzone, einer grösseren Grünanlage in der Stadtmitte und unendlich vielen Cafes und Eisdielen.

Deutlich schlechter sieht es mit Restaurants aus. Schliesslich finde ich eines, in dem ich eine recht gute Fischsuppe und ein Bier, zusammen für umgerechnet etwa drei Euro bekomme.

11.9.2016 Pancevo – Stara Palanka

94 km inklusive Schlagloch-Slalom,

Wetter: ca. 30 °C, Sonne

Übernachtung in Stara Palanka, billig aber schmuddelig

Pancevo-Stara_Palanka_2016-09-11
Pancevo-Stara_Palanka_2016-09-11

Ich bin gegen 6 Uhr wach und entschließe mich, Reste von gestern aufzuessen und auf das Hotelfrühstück zu verzichten. So bin ich um kurz nach 7 unterwegs. Einen Kaffee bekomme ich einen Ort weiter.

Der Weg führt zunächst auf eine Hauptstraße entlang, die Sonntags morgens um diese Zeit glücklicherweise nicht sehr befahren ist. Es geht an einer riesigen Raffinerie vorbei, es riecht nach Mineralöl. Es gibt hier auch einen Radweg, der in relativ gutem Zustand ist, den ich aber angesichts der freien Straße am Sonntag morgen nicht benutze.

Achtung: später erfahre ich, dass dieser Radweg berüchtigt ist für Dornenpflanzen, die sich durch jeden(! Ja, auch Schwalbe Marathon!) Fahrradmantel arbeiten und im Schlauch viele Löcher gleichzeitig verursachen.

Schließlich biegt der Weg zur Donau hin ab und führt dann über etwa 25 km auf einem nicht asphaltierten Dammweg entlang. Landschaftlich ist das reizvoll: sehr einsam, rechts neben dem Weg eine Art Feuchtgebiete aus einem Donauarm, wenn man auch die Donau selbst selten sieht. Der Weg lässt sich zu Beginn noch recht gut befahren, allerdings rutschen mir von Anfang an öfter die Fahrradtaschen aus der Halterung, immer wenn ich durch ein Schlagloch fahre. Vielleicht hätte ich vor der Tour doch in neue Taschen investieren sollen, ich fahre noch mit welchen, die ich vor mehr als 10 Jahren im Supermarkt gekauft habe.

 

Als ich mittags endlich Kovin erreiche, brauche ich eine Pause. Zum schlechten Weg kommt, dass es wieder schwül ist und wieder um die 30 °C. Ich finde in Kovin ein Eiscafé. Kaum versuche ich, unbeholfen meinen Kaffee zu bestellen, holt sich die Bedienung auch schon Hilfe von einer Frau an einem der Tische. Die Frau spricht hervorragend deutsch, bittet mich zu sich und ihrem Mann an den Tisch und erzählt, dass sie in den 70er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland kamen und seither in Wahrendorf leben.  Das Eiscafé gehört zur Familie. Ich verbringe die Pause mit dem Paar, bekomme noch die Kneipe nebenan gezeigt, die dem in Deutschland lebenden Sohn gehört, dann geht es weiter, nach der Erfahrung am Vormittag die Strasse entlang. Landschaftlich nicht so schön, aber asphaltiert.

Im Laufe des Nachmittags begegnen mir auch die ersten Radwanderer: zwei Spanier, die bereits den Weg aus Nordspanien hinter sich haben und vielleicht nach Thailand wollen, vielleicht aber auch nicht.

Eine Unterkunft suche ich mir wie geplant in Stara Palanka, einem Ort, der offenbar ausschließlich aus zwei oder drei Fischrestaurants und ein oder zwei Unterkünften besteht. Das Zimmer, das ich bekomme, ist zwar gelb gestrichen und hat bunte Bettwäsche, die Betten sind aber eher Sofas,  das Bad ist schmutzig, der Duschvorhang droht, herunterzukommen und den Teppich möchte man nicht näher ansehen.

Und dann stelle ich fest, dass ich meinen Pass im Hotel in Pančevo vergessen habe. Und die Unterlagen zum Rückflug. Es sollte eigentlich kein großes Problem sein: ich habe noch den Personalausweis und der reicht im Prinzip für die Ein- und Ausreise nach Serbien aus. Trotzdem erst einmal ein Schreck: meine beiden Reiseführer behaupten, dass der Pass nötig ist.

12.9.2016 Stara Palanka – Donji Milhanovac

Strecke: 101 km

Wetter: wieder sonnig und heiß, ca. 31 °C

Übernachtung: Pension Jankovic: sehr sauber, Gemeinschaftsbad, schöner Balkon direkt an der Donau, kein Frühstück

Stara_Palanka-Donji_Milanovac_2016-09-12
Stara_Palanka-Donji_Milanovac_2016-09-12

Kurz vor 8 bin ich unterwegs, zunächst mit der Fähre über die Donau nach Ram. Mit etwas Verspätung komme ich dort  an und kann losfahren. Die Strassen sind heute durchweg asphaltiert und einigermaßen gut. Es geht  ein kleines Stück ins Landesinnere, über ein paar Hügel durch das Städtchen Veliko Tradiere, danach an der Donau entlang. In Vinci, einem kleinen Ort am Weg gibt es eine Kuriosität: einen nagelneuen, wunderbar ausgebauten Radweg, der aber zur Strasse hin so mit einer Leitplanke abgesperrt ist, dass man keine Chance hat, ihn auch zu nutzen.

Stara_Palanka-Donji_Milanovac_2016-09-12

Hinter Golubac wird die Landschaft wird spektakulär. Die Donau verengt sich von einem breiten See und fließt dann zwischen hohen Felsen der Karpaten hindurch. Am Eingang stehen die Ruinen einer mittelalterlichen Burg. Danach geht es direkt am Fluss  Weitgehend liegt der heutige Weg sogar im Schatten.  Abgesehen natürlich vom weitesten Anstieg des Tages: der kommt nachmittags und liegt in der prallen Sonne.

Unterwegs treffe ich heute drei Belgier, die auf dem gleichen Weg sind wie ich. Während ich an einem Flussradweg in Deutschland schnell weiterfahren würde – es sind ja so viele Radfahrer unterwegs – halte ich hier sofort an und plaudere ein bisschen mit ihnen. Auch sie übernachten in Donji Milanovac, scheinen insgesamt aber etwas langsamer unterwegs zu sein als ich. Am Abend trinken etwas zusammen und gehen dann noch gemeinsam essen.

Derweil hoffe ich, dass sich mein vergessener Pass nicht zum Problem entwickelt. Das Hotel möchte erst Geld sehen, bevor sie ihn verschicken, die serbische Botschaft schrieb auf meine unvorsichtige Nachfrage, dass es Probleme geben könnte, wenn ich mit einem anderen Dokument ausreisen möchte als ich eingereist bin.

13.9.2016 Donji Milanovac- Negotin

Strecke: 124,6 km,

Wetter: Vormittags bewölkt und angenehm, ab Mittag wieder über 30 ℃

Übernachtung: Hotel Vila Delux, kleiner Pool, ordentliches Zimmer.

Donji_Milanovac-Negotin_2016-09-13
Donji_Milanovac-Negotin_2016-09-13

Der Ausblick ist atemberaubend. Am Vormittag halte ich alle paar Minuten an und mache ein Foto – leider nur mit meinem Handy, einen anderen Fotoapparat habe ich nicht dabei. Die Donau fließt hier zwischen engen Felsen hindurch, verengt sich, weitet sich wieder und verengt sich von neuem. Der Radweg führt kurzzeitig direkt über dem Fluss entlang, man hat wunderbare Ausblicke. An einem Rastplatz über der Donau treffe ich eine junge Französin, die ebenfalls mit dem Rad und ebenfalls allein unterwegs ist. Allerdings deutlich weiter als ich: von Paris nach Istanbul.

Donji_Milanovac-Negotin_2016-09-13

Gegen Mittag bin ich in Kladovo und versuche, bei einer Bank das Geld einzuzahlen, damit mein erstes Hotel mir den Reisepasses nach Hause schickt. Die erste Bank schickt mich zu einer zweiten. Dort sagt man mir, dass die Nummer, die ich per SMS bekommen habe, keine Kontonummer, sondern eine Kartennummer ist und man dorthin kein Geld überweisen kann. Geld loszuwerden scheint nicht immer einfach zu sein.

Donji_Milanovac-Negotin_2016-09-13
Donji_Milanovac-Negotin_2016-09-13

Vorerst fahre ich weiter. Die nächste Stadt ist relativ weit entfernt, insgesamt sind es am Ende fast 125 km und ich bin ganz schön erschöpft, als ich ankomme.   Der zweite Teil des Tages bietet landschaftlich auch nicht mehr sehr viel: gelegentlich ist die Donau zu sehen oder mal ein Taleinschnitt, aber mit den wunderbaren Blicken auf den Donaudurchbruch ist es vorbei.

14.9.2016 Negotin-Vidin

Strecke: 72 km

Wetter: ab Mittag wieder ca. 32.℃

Übernachtung: Hotel Dunav, schönes altes Haus, schlechtes Frühstück

Vidin_2016-09-14
Vidin_2016-09-14

Nach dem Frühstück fahre ich zuerst bei der Post vorbei und gebe einen Brief mit Geld für das Hotel ab, das mir meinen Pass schicken soll. Dann geht es los. Der Radweg führt über eine Nebenstraße, die ein gutes Stück länger ist als die Hauptstraße. Sie ist etwas holprig, aber es gibt nur zu Beginn noch ein wenig Verkehr, danach habe ich die Fahrbahn für mich allein. Nach 25 km bin ich an der Grenze nach Bulgarien, der serbische Zoll hat kein Problem damit, dass ich mit Reisepass eingereist bin und mit Personalausweis wieder ausreise.

Die Landschaft auf dem weiteren Weg hat nichts Spektakuläres, es ist eine sanfte Hügellandschaft, immerhin geht es eine Zeit lang durch eine hübsche Allee.

Während in Serbien jedes Dorf ein schickes Cafe hatte, in dem es allerdings nichts zu essen gab, scheinen die Kneipen hier auf den ersten Blick knapper zu sein. Immerhin finde ich aber eine Art Café in einer alten Kirche. Es gibt Espresso aus Plastikbechern, Mineralwasser, Eis am Stiel und zum ersten Mal auf meiner Reise die Frage, ob ich denn keine Angst habe, so ganz allein.

Negotin-Vidin_2016-09-14

Am frühen Nachmittag bin ich in Vidin und habe also noch genug Zeit, mir ein paar Dinge anzusehen. Das ist zunächst einmal eine sympathische Kunstgalerie mit bulgarischen Werke aus dem 20. Jahrhundert. Ein Museumswärter schaltet das Licht an, als ich komme, Eintritt möchte er nicht. Dann eine Moschee, die offensichtlich sehr alt ist, der man den Halbmond auf dem Minarett durch ein anderes Symbol ersetzt hat, die aber durchaus noch als Moschee in Betrieb ist. Und schließlich eine mittelalterliche osmanische Festung. Überhaupt erkennt man die osmanischen Einflüsse überall, kein Wunder, über 500 Jahre regierten hier die Osmanen.

„Donauradweg durch Serbien: Belgrad – Negotin“ weiterlesen